„Keine Fremdschäm-Attacken“
Er ist Morgenmoderator bei WDR4. Und er ist ein Kabarettist mit Charakter. Stefan Verhasselt (53) setzt in Zeiten, in denen immer mehr unmenschliche „Fremdschäm-Comedy“ die Fernsehformate füllt, auf nachhaltige Unterhaltung oberhalb der Gürtellinie. Vier Kabarettprogramme hat der Wahl-Kempener seit 2006 auf die regionalen und überregionalen Bühnen gebracht und sich damit auch einen ganz persönlichen Traum erfüllt.

„Ich möchte mit meinem Kabarett dafür sorgen, dass die so oft zitierte Kirche weiterhin im Dorf bleibt.“
„Fake News“ hat es bei uns am Niederrhein immer schon gegeben. Sie fangen meistens an mit den Worten: „Hasse schon gehört?“
Verbindendes Element zwischen der Radio- und der Kabarett-Leidenschaft des gebürtigen Straeleners ist der Niederrhein. Hier wurde er geboren, hier wurde ersozialisiert, hierher kam er nach einem zweijährigen beruflichen Abstecher zu AlsterRadio in Hamburg wieder zurück. Und hier lebt er heute aus Überzeugung als Wahl-Kempener. Lange in Sankt Tönis und Krefeld zuhause, kennen ihn viele noch als Redakteur und Moderator von Welle Niederrhein. Seine berufliche Heimat hat Stefan Verhasselt vor genau 20 Jahren bei WDR4 gefunden. Zunächst moderierte er nur sonntags, aber schon bald wurde er Nachfolger von Bernd Stelter, der die Frühsendung verließ, um sich ausschließlich seinen Kabarett- und Karnevalsauftritten zu widmen.
Aber wie wurde aus dem Radiomoderator Stefan Verhasselt ein Kabarettist? „Ich kann meine Heimat einfach nicht verleugnen, und so habe ich in meine Radiomoderationen immer mal wieder Anekdoten eingestreut, die ich am Niederrhein und mit Niederrheinern erlebt habe. Daraufhin schrieben mir die Hörer, dass sie sich mehr davon wünschten. Auf meiner ersten Internetseite habe ich damals auch regelmäßig Kolumnen veröffentlicht, quasi meine ersten kabarettistischen Geschichten. Als das der damalige WDR-Unterhaltungschef, Axel Bexer, hörte, mit dem ich einige Jahre Fernsehen gemacht habe, riet er mir: ,Erzählen Sie Ihre Niederrheingeschichten doch einfach auf der Bühne. Damit machen Sie dort weiter, wo Hanns Dieter Hüsch aufgehört hat.‘“ Leider hat Stefan Verhasselt den Erfinder des Niederrheinkabaretts nie persönlich kennengelernt, aber er liebte dessen humorvolle Erzählweise, die so viele Parallelen zu selbst Erlebtem hatte, dass es fast kein Zufall gewesen sein kann, dass Stefan Verhasselt nur wenige Wochen nach dem Tod von Hanns Dieter Hüsch mit klopfendem Herzen sein Kabarett-Debüt im Stratmanns Theater in Essen geben durfte.
Mutterwitz 4.0
Seitdem sind 12 Jahre vergangen, und die Themen haben sich weiterentwickelt. Über den sonntäglichen „Vanillepudding …mit Haut“ wird heute zwar immer noch herzhaft gelacht, aber wenn Stefan Verhasselt von politisch korrekten Ampelmännchen oder Eltern im WhatsApp-Wahn spricht, ist das Kabarett 4.0. Charakteristisch bis heute ist sein Mutterwitz, gepaart mit feiner Beobachtungsgabe, Wortspielen und schwarzem Humor. Diese Gabe habe er wohl von seinem Vater „geerbt“, sagt Stefan Verhasselt und fügt hinzu: „Er konnte so wunderbar erzählen, dass sich das Erlebte in natürliche Pointen verwandelt hat. Das nenne ich gesunden Humor.“ Und genau damit gelingt es dem sympathischen Kabarettisten, die Schwingungen seines Publikums aufzunehmen, so dass seine Auftritte, wie er sagt, „keine One-Man-Show, sondern gemeinsame Abende“ sind. Schöner Nebeneffekt im Vergleich zur Radiomoderation sei auch, dass man Zuschauerreaktionen sofort spüren und spontan darauf reagieren könne. Tabu sind für Stefan Verhasselt übrigens alle Themen, die bei seinem Publikum ein „Fremdschämen“ erzeugen würden. Und Häme mag er überhaupt nicht.
Beim Treffen im Fischelner Burghof, wo Stefan Verhasselt diesen Monat auftritt, erfahren wir außerdem, wie glücklich er darüber ist, dass er alle seine Ideen, Wünsche und Träume verwirklichen konnte. Einen Traum hat der kabarettspielende Radiomoderator allerdings noch: „Ich muss meine Flugangst überwinden, um endlich mal nach Amerika zu kommen.“ Bis es soweit ist, macht Stefan Verhasselt weiterhin Urlaub auf Sylt und in den Tiroler Bergen, „wo die Gipfel eine wunderbare intensive Ruhe ausstrahlen“. Als Genussmensch trinkt er je nach Lust gerne mal einen Chardonnay oder ein Pils, und er mag Leberwurst und Nussnougatcreme gleichermaßen. Ob Stefan Verhasselt nach seinem Krefeld-Gastspiel sein Lieblingsgericht, eine Calzone, bestellt, ist eher unwahrscheinlich, denn er achtet sehr auf seine Figur. Wahrscheinlicher ist, dass er sich ein paar Stunden vorher Pasta mit frischem Gemüse und Lachs zubereitet – nach einer ausgiebigen Joggingrunde durch die niederrheinischen Felder.
Stefan Verhasselt: „Wer kommt, der kommt – Kabarett 4.0“: Freitag, 16. November, 20 Uhr, Saal Gietz (Zum Fischelner Burghof), Marienstraße 108, 47807 Krefeld,Telefon: 02151-301268. Karten zum Preis von 20 Euro gibt es zu den Öffnungszeiten. Weitere Infos: www.stefan-verhasselt.de