Faszination Wassersport: Zwischen Großer Freiheit, Königsallee und Reeperbahn
Man fährt über historischen Boden, um zum Crefelder Yacht Club zu gelangen. Nachdem man die denkmalgeschützte eiserne Drehbrücke im Linner Hafen passiert und die Industrieanlagen hinter sich gelassen hat, weitet sich der Blick. Frisches Grün säumt die Bataverstraße, an der man bald links in ein verstecktes Idyll einbiegt, das für Besucher jederzeit offensteht.

Clubwirt Jan Nickel macht nicht nur im Restaurant „Rheinoase“ eine gute Figur
Vorbei an einer Bootshalle, dem clubeigenen Tennisplatz, grünen Wiesen und einer meterhohen bunt beflaggten Saling hat man das Ziel fast erreicht. Jetzt sind es nur noch ein paar eiserne Stufen und man steht bei Rheinkilometer 761,8 auf der einladenden Holzterrasse des Crefelder Yacht Clubs. Hier sitzen Radler, Wanderer und einige Bootsleute beim Mittagessen und einem kühlen Bierchen. Innen wird ein runder Geburtstag gefeiert. Die Clubgaststätte „Rheinoase“ ist offen für jeden. „Im Sommer radele ich regelmäßig mit meinen Freundinnen zum Hafen. Allein schon wegen der tollen Kulisse und dem traumhaften Sonnenuntergang“, schwärmt Katja Krüll aus Linn. Und tatsächlich: Beim Blick auf die kleinen und großen Motorboote, die an drei Stegen mit den originellen Namen „Große Freiheit“, „Königsallee“ und „Reeperbahn“, bei leichtem Wellengang auf dem Wasser tänzeln, stellt sich unweigerlich ein Urlaubsgefühl ein. Wie muss es erst sein, wenn man selbst ein Motorboot steuert?
Die Atmosphäre ist unprätentiös und entspannt. Keine Spur von weltmännischer Überheblichkeit, die man in einem Yachtclub erwarten könnte. Man winkt ankommenden oder wegfahrenden Booten zu und hilft beim Anlegen von Gastschiffen. Gerade macht ein Ehepaar samt großem Foxterrier seine Motoryacht fest. Nach dem Zwischenstopp zum Tanken soll es weitergehen nach Amsterdam.

Er steuert die Geschicke des Crefelder Yacht Clubs: Siegfried Noelle
Beim Vertäuen hilft Siegfried Noelle. Er ist erster Vorsitzender des Crefelder Yacht Clubs, der diesen Monat 50-jähriges Bestehen feiert. Gefühlt hat Noelle die meisten Jahre „seines“ Clubs miterlebt: zusammen mit der Familie auf seiner Motoryacht „Opal“, aber auch bei vielen Arbeitsstunden, die notwendig sind, um die Steganlagen instand zu halten, Bootsreparaturen durchzuführen, den Rasen in der Außenanlage zu mähen und die Böschungen von Müll zu befreien, den ungebetene Gäste dort hinterlassen haben. Wie auf einem Boot ist auch an Land Teamarbeit wichtig. „Das Miteinander ist toll“, resümiert Siegfried Noelle. Viele Kinder älterer Mitglieder sind im Yachthafen groß geworden und haben ihre Begeisterung für den Wassersport an ihre Kinder und Enkelkinder weitergegeben. Der Crefelder Yacht Club zeichnet sich weniger durch Veränderungen als durch Konstanz aus. Kontinuität statt Wandel trifft es eher.

Hat Europameister und Weltmeister trainiert: der ehemalige langjährige Jugendwart Peter Weyers
Kontinuierlich gut ist auch die Umweltbilanz des Clubs. Seit 2011 hat der CYC für vorbildlichen Natur- und Wasserschutz regelmäßig von der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung die „Blaue Flagge“ bekommen. „Dafür muss man sich jedes Jahr neu bewerben“, erklärt Peter Weyers. Der langjährige Jugendwart ist heute immer noch zur Stelle, wenn wichtige Reparaturen anstehen oder seine handwerklichen Tipps gefragt sind. Darüber hinaus hat er als Trainer viele Jugendliche zu Meisterschaften geführt. Seinem Nachfolger Marcel Jansen hat Peter Weyers ein stattliches Erbe hinterlassen. 29 Landesmeister, vier Deutsche Meister, drei Europameister und sogar zwei Weltmeister gehen aufs Konto des CYC. Dazu kommen zahlreiche Podestplätze und gute Platzierungen.
Diese Wettkämpfe, bei denen es um Schnelligkeit und Geschick geht, machen für Jugendliche einen Großteil der „Faszination Wassersport“ aus. Im Crefelder Yacht Club sind die Trainingsbedingungen im Vergleich zu anderen Vereinen in der Region optimal, denn er verfügt über eine fest installierte Trainingsanlage im Hafenbecken. Clubs aus Hamm, Castrop-Rauxel und Herne trainieren deshalb in Linn. Zudem ist der CYC NRW-Leistungszentrum des Deutschen Motoryachtverbandes. „Unsere Jugendarbeit ist wirklich vorbildlich“, beschreibt Siegfried Noelle sichtlich stolz ein Alleinstellungsmerkmal des Clubs und ergänzt: „Hier wird mit großem Zeitaufwand und viel Verantwortungsgefühl trainiert.“

Sophie Paas würde sich über eine weibliche Verstärkung des Jugendkaders freuen.
Das bestätigen auch die Jugendlichen. „Das Training im Sommer auf dem Wasser macht großen Spaß. Am Wochenende habe ich nie Langeweile, weil ich dann immer hier bin“, schwärmt Sophie Paas. Im Handumdrehen lässt die 15-Jährige den Motor ihres Schlauchbootes an und fährt gekonnt durch den Slalom-Parcours zwischen den Bojen. Im Hafenbecken cruisen außerdem Nick Sebald (15) und Tobias Schillings (22). Der sitzt in einem optisch beeindruckenden goldfarbenen Speedboot. Noch heute schlägt sein Herz höher, wenn er an seinen Klassenwechsel vom 6 PS-Boot auf das jetzige 15-PS-Boot vor einigen Jahren zurückdenkt.
Schon mit sieben Jahren dürfen Kinder ein Schlauchboot mit einem 6 PS-Motor fahren – allerdings nur in Begleitung einer Person, die einen Motorbootführerschein oder eine Lizenz vom Deutschen Motoryachtverband hat. Ab 14 Jahren ist das selbständige Fahren eines Motorbootes mit 15 PS erlaubt. Das erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Das goldfarbene Speedboot, die MS 11, ist bereits die Vorstufe zum Rennboot. Über allem steht die Sicherheit. „Ohne Schwimmweste kein Start“, wirft Siegfried Noelle ein. Schon mit 16 Jahren kann man übrigens den Bootsführerschein machen.
- Good Vibrations: Tobias Schillings im „MS 11“, einer Vorstufe zum Rennboot
„Motorbootfahren bei uns im Club ist günstiger als Tennis- oder Reitstunden“
Aufräumen möchte der Crefelder Yacht Club abschließend mit dem Vorurteil, man müsse ein eigenes Boot haben, um Mitglied zu werden. Mathilde Jansen macht allen Eltern Mut, deren Kinder sich für den Motorbootsport interessieren: „Die Nutzung unserer Boote ist im Jahresbeitrag enthalten. Und der ist deutlich günstiger als Tennis- oder Reitstunden.“ Deshalb sind zu den öffentlichen Geburtstagsfeierlichkeiten vom 15. bis 18. Juni alle Interessierten eingeladen, sich über die Arbeit des Crefelder Yacht Clubs zu informieren. Höhepunkt ist Samstag, der 17. Juni. Um 11 Uhr fällt der Startschuss für die NRW Landesjugendmeisterschaft der Schlauchboote und die CYC Clubmeisterschaft. Ab 15 Uhr sorgt die Schmackes Brass Band für gute Laune auf der Terrasse. Abends sind alle zum Tanzen und Feiern mit der Partyband „Patchwork“ eingeladen. Für den Ausklang am Sonntag sorgt ab 12.30 Uhr ein Weinfrühschoppen mit der Jazzband „Powerkraut“.