Das Krefelder Bismarckviertel gehört unbestritten zu den schönsten Quartieren der Seidenstadt. Noch heute ist dem Wohn- und Geschäftsgebiet rund um den gleichnamigen Platz seine einstige Pracht anzusehen: Der Stadtteil, der im ausgehenden 19. Jahrhundert speziell für gehobene Wohninteressen angelegt wurde, ist beispielhaft gepflegt und besticht mit einer hohen Dichte historischer Bausubstanz und großzügigen Grünanlagen. Doch nicht allein seine historisch bedingte Attraktivität zeichnet das Bismarckviertel aus: Dank der Pflege einer engagierten Bürgergemeinschaft entwickelt sich der Stadtteil stetig weiter: optisch wie menschlich, und ganz besonders jetzt.

 

Seine Form erhielt der Bereich rund um Bismarck- und Richard Wagner Straße dank zweier visionärer Investoren: Wilhelm Jentges und seines Schwiegersohns Max Heydweiller. In Nachfolge des Unternehmers Jentges, der bereits einen großen Teil des Gebiets zwischen Großhüttenhof, Grenzstraße und der inzwischen nach ihm benannten Jentgesallee erworben hatte, entwickelte Heydweiller einen ambitionierten Umbauplan, der das ländlich geprägte Gebiet in ein „Gartenstadtviertel“ verwandeln sollte. Auf diese Weise entstanden unter anderem die Grünanlagen der Hohenzollernstraße sowie Bismarckstraße und Bismarckplatz. „Diese hochwertige Struktur hat man sich für 275 Grundstücke grundbuchrechtlich gesichert, im Rahmen der Jentges’schen Grundbesitz-Regelung, die dem Erhalt der Wohnqualität in diesem Bezirk dienen sollte. Sie beinhaltet unter anderem ein Verbot lärmintensiver Gewerbetätigkeiten. Dieses Erbe hat der Bürgerverein übernommen“, erläutert Stefan Lebens, Vorstandsvorsitzender der BG Bismarckviertel. Auf dieser historisch bedingten Grundqualität aufbauend, ertüchtigt sich die Bürgergesellschaft aktiv für die Weiterentwicklung und Pflege des Viertels.

„Wir sind kein Verein im klassischen Sinne, mit klar abgesteckten Aufgabenbereichen. Vielmehr gehen wir Themen an, die uns als Bewohner des Viertels bewegen, dazu gehört natürlich besonders der Qualitätserhalt der Wohnsituation, aber wir versuchen ganz generell, den Allgemeinbedürfnissen der Anwohner gerecht zu werden“, erläutert Vorstandsmitglied und Ideengeber Reno Müller, der seit rund 30 Jahren im Bismarckviertel lebt.

BG Bismarckviertel

Sandra und Stefan Lebens

Lebensraum Stadtteil: Dranbleiben lohnt sich

Die 480 Mitglieder starke Gemeinschaft hat in den vergangenen Jahren bereits viel leisten können. Neben der Reaktivierung und Pflege des Pferde-Springbrunnens am Bismarckplatz wurden durch die Mitglieder auch Bäume gepflanzt, Grünanlagen bewirtschaftet, regelmäßige Reinigungsaktionen und eine Optimierung der Müllentsorgungsmöglichkeiten vorgenommen. Ein recht neues Herzensprojekt der Bürgergemeinschaft ist die Verschönerung sonst eher unansehnlicher Stromkästen. Diese werden in einheitlichem Anthrazit gestrichen und mit historischen Bildern des Bismarckviertels oder den Konterfeis straßennamensgebender Persönlichkeiten wie Richard Wagner oder Johannes Brahms beklebt. Das sorgt nicht nur für eine ansprechendere Gesamtoptik, sondern dient auch informativen Zwecken. „Sobald man Mitglied ist, achtet man ganz automatisch mehr aufs Viertel. Es entwickelt sich ein Gemeinschafts-, aber auch ein Verantwortungsgefühl“, beschreibt Vorstandsmitglied Sandra Lebens die verbindende Motivation der Vereinsmitglieder. „Neben den Verschönerungsmaßnahmen engagieren wir uns aber auch sozial, spenden zum Beispiel regelmäßig an den Kindergarten und die Grundschule hier und organisieren Veranstaltungen und Seniorenfahrten, die zwar gerade pausieren müssen, normalerweise aber sehr gut angenommen werden.“

Mehr als ein Verschönerungsverein

Vor allem in der aktuellen Situation nutzen die Vertreter des Vereins ihr Netzwerk, um sich für die Gemeinschaft einzusetzen. „Jetzt müssen Menschen für Menschen da sein. Diejenigen, die mobil sind, die nicht in Depression verfallen, sollten diejenigen unterstützen und aufrichten, die gerade nicht ohne Weiteres handeln können“, findet Reno Müller. Direkt zu Beginn der Coronakrise wurden 3.500 Handzettel gefertigt, auf denen Freiwillige via Briefkasteneinwurf für unterschiedliche Hilfsarbeiten gesucht wurden. „Da haben wir erst festgestellt, wie viele Briefkästen wir hier haben“, lacht Müller und erzählt begeistert: „Aufgrund dieser Handzettel haben sich 93 Helfer gemeldet. Aktuell unterstützen wir 35 Haushalte; wir hatten also einen regelrechten Helfer-Überschuss! Eines Tages wurden wir dann von der Obdachlosenhilfe Emmaus angesprochen, denn oftmals sind die Ehrenamtler im sozialen Bereich über 65 und dürfen sich jetzt nicht mehr aktiv engagieren, weil sie zur Risikogruppe gehören. Ich habe den Hilferuf von Emmaus unseren Freiwilligen weitergeleitet, und die haben sich dort fröhlich gemeldet.“

Für die nächsten Wochen und Monate haben die Mitglieder der BG Bismarckviertel vor allem den Fortschritt der Stromkastenaktion im Auge. Eine weitere – noch nicht spruchreife – Idee ist die Ertüchtigung des halbrunden Platzes an der Bogenstraße, der derzeit weder begehbar noch anderweitig nutzbar ist. Doch auch für das zwischenmenschliche Miteinander erhoffen sich Reno Müller und das Ehepaar Lebens eine Entwicklung für die Zeit nach Corona. „Man kommt sich ja über die einzelnen Kontakte näher. Und die reißen nicht ab, nachdem Corona über eine Impfung oder ein Medikament in den Griff bekommen wurde; die werden anhalten“, sagt Müller zuversichtlich und fügt im Blick auf Krefeld hinzu: „Wenn wir alle ein bisschen helfen, wird die Stadt besser. Die Gemeinschaft ist besser als ihr Ruf, möchte ich meinen. Das konnten wir im Rahmen unserer letzten Aktionen sehen.“

Die Bürgergemeinschaft freut sich stets über neuen Zuwachs und helfende Hände und kümmert sich gerne um weitere Hilfsanfragen von Anwohnern für Haushaltseinkäufe. Interessenten und Freiwillige sind eingeladen, sich via Mail an info@bg-bismarckviertel.de mit dem Vorstand in Verbindung zu setzen.

 

 

Bürgergemeinschaft Bismarckviertel e.V. (Stefan Lebens)
Jentgesallee 81, 47799 Krefeld
Telefon: 02151-501205
Mail: info@bg-bismarckviertel.de
www.bg-bismarckviertel.de

Informationen bzgl. Der bestehenden Krefelder Bürgervereine über: www.akb-krefeld.de