Gut vier Dutzend Jugendliche sitzen emsig arbeitend in einem Klassenraum. Die Gesichter glühen, und man kann die jungen Köpfe förmlich rauchen sehen. Niemand kritzelt gelangweilt in einen Collegeblock oder daddelt mit dem Handy, um die Zeit totzuschlagen. In diesem Fall macht das Fach den entscheidenden Unterschied zum normalen Schulalltag – und die Tatsache, dass alle Schüler freiwillig hier sind: In der „Coding School“ lernen Teenager zwischen 12 und 19 Jahren wichtige Grundlagen der Informatik und bilden sich auf diese Weise für ihre private und berufliche Zukunft weiter.

Coding School

Mark Hloch, Markus Van Meegen und Marvin Notz haben die Coding School ins Leben gerufen

Drei wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Niederrhein sind verantwortlich für das Projekt: Mark Hloch, Markus Van Meegen und Marvin Notz bezeichnen sich selbst augenzwinkernd als „Hardcore-Informatiker“ und sehen bei Jugendlichen wie Erwachsenen große Wissenslücken, was die Funktionsgrundlagen unserer digitalen Welt betrit. „Es ist extrem wichtig, dass man sich bereits in jungen Jahren mit dem Thema befasst“, findet Projektleiter Mark Hloch. „Es gibt keinen Bereich unseres Lebens mehr, in dem IT keine Rolle spielt, und das wird sich künftig nicht ändern. Medienkompetenz ist heutzutage ein wichtiges Thema. Apps wie WhatsApp hat mittlerweile fast jeder – aber wie sie funktionieren, weiß keiner.“ Deshalb laden er und seine zwei Kollegen seit Oktober 2018 Schülerinnen und Schüler zu einwöchigen Ferien-Workshops in die Räumlichkeiten der Hochschule Niederrhein ein, um ihnen dort eine Möglichkeit zu geben, kostenlos die Einblicke in die Welt des Programmierens zu geben, das den Nährboden für unsere digitalen Berufs- und Alltagsbegleiter bildet.

„Früher gab es die Idee, sein Kind auf die Musikschule zu schicken, damit es dort mindestens ein Instrument lernte und so den Anforderungen der Zeit gerecht wurde. Ähnlich sehen wir es mit dem Programmieren“, erläu- tert Hloch weiter. Das schöne sei, dass die Jugendlichen aus eigener Initiative an der Coding School teilnehmen möchten. „Sie kommen zu uns, weil sie wirklich Bock haben. Einige Schüler haben sogar schon ein zweites Mal an der Coding School teilgenommen und eigene Programmierprojekte von Zuhause mitgebracht, die sie in der Zwischenzeit entwickelt haben“, erzählt Workshopleiter Markus van Meegen. Den Teilnehmern wird ein abwechslungsreiches Aufgabenportfolio zur eigenständigen Bearbeitung mit professioneller Begleitung angeboten – Frontalunterricht halten die drei Veranstalter für kreativitätshemmend. „Die Schüler verlieren so erstaunlich schnell die Berührungsängste, bilden Gruppen und helfen sich gegenseitig, obwohl die meisten sich vorher nicht kennen und die Altersspanne sehr groß ist“, beschreibt van Meegen begeistert. Die möglichen Beschäftigungsfelder der Teilnehmer umfassen unter anderem Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Spieleprogrammierung, Smart Home-Steuerung und App-Entwicklung.

Coding SchoolSpeziell entwickelte IT-sicherheitsbezogene Gruppenspiele wie „Hack me if you can“ spornen die Motivation der Nachwuchsprogrammierer zusätzlich an. Da die Coding School in Krefeld an der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik stattfindet, wird im Unterricht auch viel mit computerexternen Gerätschaften wie selbstgebauten Platinen gearbeitet, an denen die Schüler nach Herzenslust tüfteln dürfen. Das sorgt für zusätzliche Motivation, denn auf diese Weise werden die virtuellen „Nullen und Einsen“ im System um ein haptisches und optisches Erlebnis ergänzt. Durch ihre Hochschulverbundenheit sind die Initiatoren der Coding School stets auf dem neuesten Stand und vermitteln ihren Schülern nur topaktuelles Wissen. Kombiniert mit modernster Technik, sind das optimale Voraussetzungen für den Einstieg in eine medienkompetente Zukunft. „Wir wissen, was die Wirtschaft fordert und lassen das entsprechend in unsere Lehrinhalte einfließen“, so Mark Hloch. Das sei besonders für die berufliche Zukunft der Schüler wichtig. Der Markt bietet unzählige Möglichkeiten für IT-ler, und viele Unternehmen suchen händeringend nach kompetenten Inhouse-Fachkräften. „Manche der Jugendlichen sind jetzt schon besser als der ein oder andere Hochschulstudent“, erzählt Hloch schmunzelnd. „Wer sich hier besonders hervortut und Spaß am Programmieren hat, wird vielleicht später einmal Berufsinformatiker. Das fördern wir auch gerne im Rahmen unserer Möglichkeiten, aber es ist nicht unser alleiniges Ziel. Wir möchten dafür sorgen, dass möglichst viele junge Menschen zukünftig mindestens über das nötige Basiswissen verfügen, die Apps, Programme und Geräte, die wir heutzutage nutzen, im Kern zu verstehen.“ Aus diesem Grunde sei in naher Zukunft die Gründung eines entsprechenden Vereins geplant, um das Knowhow aus der Hochschule über die Coding School tatsächlich bis in den Schulunterricht zu tragen: „Jeder Schüler soll – so die Vision – die Möglichkeit haben, die grundsätzlichen Konzepte des Programmierens zu erlernen.“

Das Projekt findet nicht nur bei immer mehr Schülerinnen und Schülern in ganz Krefeld und Umgebung großen Anklang – auch IHK, verschiedene Krefelder Unternehmen, das Schulamt und die Stadtverwaltung fördern die Coding School. Perspektivisch sollen die räumlichen und personellen Möglichkeiten der Initiative mit Hilfe starker Partner ausgebaut werden, denn die Anmeldungen sprengen bereits zum jetzigen Zeitpunkt die maxi- male Teilnehmerzahl. Derzeit können Hloch, van Meegen und Notz pro Workshopwoche rund 50 Köpfe zum Glühen bringen, doch die drei Initiatoren sind überzeugt, dass das Wachstum des Projekts in den kommenden Monaten noch mehr Interessierten eine Teilnahme ermöglichen wird.

Weitere Informationen zur Coding School: codingschool.hsnr.de