Liebe Krefelder,

für viele Menschen ist der kreative Schöpfungsprozess ein Buch mit sieben Siegeln. Ihnen erscheinen Kunst und Kreativität eher suspekt, weil sie es für etwas halten, das vage, unklar und nicht greifbar sei. Doch der kreative Prozess ist gar nicht so sehr dem bloßen Zufall unterworfen. Tatsächlich hat Graham Wallas bereits im Jahre 1926 das Vier-Phasen-Modell entwickelt. Demnach folgt auf die Problemerkennung eine Phase der Verunsicherung, ehe der Geistesblitz zur Gestaltungsphase führt.

Wie schwierig es ist, aus einem Geistesblitz eine ganze Ge­schichte zu formen, weiß Nil Cam (S.26) nur zu gut. Die junge Deutsch-Türkin hat bereits mit 21 Jahren ihren ersten Fantasy-Roman geschrieben. Viel musste sie dafür opfern oder hinten anstellen. Doch ihr Wille zur Vollendung war stets größer als die Furcht vor der fehlenden Inspiration. Im Moment arbeitet die Philosophie-Stundentin an ihrem Fortsetzungsroman. Natürlich kämpft sie sich auch hierbei wieder durch alle vier Phasen, denn Kreativität kennt keine Routine.

Das Gleiche gilt für Amadeus Indetzki (S.06). Der Krefelder Komponist hat bereits mit fünf Jahren die ersten Stücke auf dem Klavier begleitet und gilt heute als einer der vielversprechendsten Nachwuchs-Aspiranten im Bereich der Filmmusik. Er hat bereits die Titel-Melodie der RTL-Erfolgsserie „Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ komponiert. Indetzki verbindet seine Genialität dabei mit einer guten Portion Selbstbewusstsein. So hat er sein Schicksal selbst in die Hand genommen und den Koryphäen der Szene seine Mitarbeit angeboten. Mit Erfolg!

Der in der Seidenstadt bekannte Maler, Jerzy Chartowski, (S.28) hat sich vor einiger Zeit dazu entschlossen, seine Kreativität als Motor für die Verschönerung des öffentlichen Raumes zur Verfügung zu stellen. In Zusammenarbeit mit der Stadt sucht er nach besonders verschönernswerten Ecken und wertet sie mit seiner Kunst auf. Gerne würde er das Projekt ausweiten. Auf Spielanlagen, Parks und öffentlich Plätze.

Tatsächlich geht jedem Schöpfungsakt eine Phase der Qual voraus. Sie zu ertragen, zu überwinden, ja, vielleicht irgendwann zu lieben, ist die Kunst. Nicht jeder ist dazu bereit und nicht jeder hat die Gabe, die den Sockel der Fähigkeit der Schöpfung darstellt. Für manche bleibt lediglich das Rezipieren des Ergebnisses. Und das eint Kreative und Nicht-Kreative: Die Freude an Kunst und Kultur. Davon gibt’s in dieser Ausgabe jede Menge!

Viel Spaß beim Lesen!
Christhard Ulonska und Michael Neppeßen