Liebe Krefelder,
unsere Stadt ist nicht wie jede andere. Sie ist ein Zusammenschluss vieler „Dörfer“ mit allen damit einhergehenden Vor- und Nachteilen. Während die Innenstadt bisweilen an dieser historischen Entwicklung krankt, lebt vielerorts in den Stadtteilen das bürgerschaftliche Engagement. Zahlreiche Menschen identifizieren sich in erster Linie mit ihrem Stadtteil, dann erst mit der gesamten Stadt Krefeld. Ob das gut oder schlecht ist, soll jeder selbst beurteilen. Unstrittig ist allerdings, wie wichtig vor diesem Hintergrund der Blick in die suburbanen Lebensräume ist. Deswegen liegt der Fokus unserer ersten Ausgabe nach der Sommerpause auf einem der vielen Stadtteile.
Unser Fischeln-Spezial (S.46) zeigt dabei beispielhaft, wie wichtig die Zusammenarbeit von Freiwilligen, Vereinen und Verbänden ist, um einen Stadtteil lebendig und lebenswert zu halten. Die Essenz dieses Wir-Gefühls spiegelt sich jedes Jahr in den Fischeln Open (S.50) wider. Das allseits beleibte Straßenfest lädt alle Krefelder dazu ein, sich einen Eindruck von der Vielfalt des Ortes zu verschaffen, und schafft gleichzeitig den Brückenschlag zwischen Handel und Kultur. Wie groß der Zusammenhalt in Fischeln ist, belegt aber auch der Burghof Gietz (S.58), der nur durch den engen Schulterschluss einiger Ur-Fischelner erhalten und in eine neue Blütezeit überführt werden konnte. Bürgerschaftliches Engagement und ein soziales Miteinander sind mindestes ebenso fest mit dem Stadtteil verwoben wie die Brauerei Königshof und der VFR.
Doch es gibt natürlich immer wieder Themen, die ihren Bogen um alle Krefelder spannen. Das gilt vor allem für die Textilindustrie und den Slogan „Stadt wie Samt und Seide“. Während die meisten Krefelder darin ausschließlich eine historische Relevanz erkennen, gibt es den Modestandort Krefeld heute immer noch. Zwar hat dieser gegenwärtig wenig mit dem feudalen Geschmeide vergangener Tage zu tun, ist aber deswegen nicht minder kreativ. Wir haben sie in dieser Ausgabe aufgespürt, die „Mode made in Krefeld“ (S.06), und dabei die Geschichten ihrer Produzenten zusammengetragen. Ein spannender Blick in die „Nähstuben“ der Neuzeit, deren textile Blüten mal quer über den Globus verschifft werden und mal bewusst nur für den heimischen Markt bestimmt sind.
Auswärtige für Krefeld zu begeistern, ist indes gar nicht so leicht. Am besten gelingt das durch die Musik. Zu den prominentesten Vertretern dieser Gattung zählt das „Horst Hansen Trio“ (S.44), das seinen Namen in Reminiszenz an einen inzwischen verstorbenen Krefelder Trompeter wählte und Menschen von München bis Hamburg in Ekstase versetzt. Mit ihrem selbstkreierten „Überjazz“ bilden sie landesweit die Speerspitze einer neuen Jazz-Bewegung, die so gar nichts mit dem strapaziösen Image des intellektuell verbrämten Free-Jazz zu tun haben will.
Ob im Kleinen der Stadtteile oder mit Strahlkraft in die gesamte Republik, Krefeld ist vor allem eines: bunt! So bunt wie dieses Magazin, von dem wir hoffen, dass es zu einer gesamtstädtischen Identität beiträgt. In diesem Sinne:
Viel Spaß beim Lesen!
Michael Neppeßen und Christhard Ulonska