Tobias Köhn hat aus seinem Abenteuer-Trip nach Südafrika einen Kinofilm gemacht
„Was immer Du tun kannst oder träumst, es zu können – fang damit an.“ Mit diesem Goethe-Zitat hat ein Freund von Tobias Köhn einmal das Lebensmotto des jungen Krefelders beschrieben, der mit 24 beschloss, sich radikal aus dem engen Korsett seines Alltags zu befreien. Das Ergebnis feiert Premiere beim SWK Open-Air-Kino, das am 16. Juli auf der Rennbahn startet.
Vorausgegangen waren eine Kindheit und Jugend, die sich für Tobias Köhn anfühlten wie ein Leben in einem kleinen Kasten, der schnell zu eng wurde. „Schon die Grundschulzeit habe ich als Korsett empfunden. Ich konnte mich nie richtig ausprobieren, und das Lernen ist mir schwergefallen. Ich bin Autodidakt und kann nicht auf Befehl etwas auswendig lernen. Menschen sind emotionale Wesen und lernen aus Erfahrung. Ein solcher Mensch bin ich bis heute“, beschreibt sich Tobias Köhn selbst. Auf dem Gymnasium hat er es bis in die 9. Klasse geschafft, dann ist er zur Realschule gewechselt, wo er ein Jahr wiederholte und mit der mittleren Reife abging. Er machte eine Ausbildung zum Elektroniker und bekam einen festen Job. Nebenbei restaurierte er zusammen mit seinem Vater Oldtimer – Erfahrungen, die ihm Jahre später sehr helfen sollten.
Mit 17 kam die Begeisterung für bewegte Bilder und die Analogfotografie dazu. In seinem Youtube-Kanal stellte Tobias Köhn erste Fotos und Filme ein, darunter auch von einer Reise nach Rumänien, bei der er für seine Firma und die Organisation „Habitat für Humanity“ beim Bau eines Hauses für eine arme Familie geholfen hat. Diese eine Woche war einschneidend. Die Erfahrungen mit der für ihn fremden Kultur stärkten seine Sehnsucht nach einem echten Mehrwert in seinem Leben. Bald darauf begleitete er ein Filmteam von VOX vier Wochen bei der „Tajik Rally“. „Ich wusste nicht einmal, wo Tadschikistan lag“, schmunzelt der Abenteurer heute.
„Was immer Du tun kannst oder träumst, es zu können – fang damit an.“
Der Deal: Sponsorengelder für gute Bilder
Das Filmen wurde seine Leidenschaft, so dass Tobias Köhn beschloss, ihr kompromisslos zu folgen. Er kündigte seinen Job als Elektroniker und machte sich im Mai 2016 mit seinem Suzuki Samurai auf eine sechsmonatige Reise nach Afrika. Sie wurde zu einem Trip in die Tiefe seiner Seele. Aus seinen Abenteuern und inneren Erlebnissen hat der leidenschaftliche Filmer und Fotograf einen Kinofilm gemacht, der am 16. Juli auf der Rennbahn-Großleinwand Premiere feiert. Möglich wurde das durch die Initiative des Organisators des SWK Open-Air-Kinos, Uwe Papenroth, selbst Kurzzeitweltenbummler, Producer und überzeugender Sponsorensammler. Er hatte in der WDR Lokalzeit einen Beitrag über die geplante Reise des Aussteigers gesehen und ihm versprochen: „Wenn Du mit guten Bildern zurückkommst, kümmere ich mich um die Finanzierung.“
Nach der Rückkehr von Tobias Köhn im November 2016 war klar: Die Bilder sind stark! Und weil Papenroth seit dem Start des SWK Open-Air-Kinos im Jahr 2010 wusste, dass Dokumentationen beim Krefelder Publikum gut ankommen, machte er sich auf die Suche nach Sponsoren, damit aus den Aufnahmen eine packende autobiografische Story mit Surroundsound wurde. Rund ein Dutzend Beteiligte, darunter Co-Regisseur und Kameramann Lars Brauer, ein Comic Artist und ein Komponist, halfen mit. Der Film wird in diesen Tagen fertig – inklusive professionellem Kinoplakat. Vorher hatte der umtriebige Papenroth bei Krefelder Unternehmen und den Kempener Lichtspielen Sponsorengelder gesammelt und selbst auch etwas dazu getan. Davon konnte Tobias Köhn die Produktionskosten für den Low-Budget-Film bezahlen. Außerdem gelang es Papenroth, einige Kinos in der Region für den Film zu begeisterten. Ab September läuft er in Kempen, Mönchengladbach, Geldern und Kleve.
„Du musst nicht so sein wie die anderen. Wie wäre es, wenn Du einfach die beste Version von Dir selbst wirst?“
Natur, Menschen, Action und das Seelenleben des Autors
Zuerst jedoch sehen die Krefelder Open-Air-Kinofans das knapp zweistündige Werk „Ein Viertel der Welt – Vom Träumer zum Macher“. Neben wunderschönen Naturaufnahmen mit wilden Tieren, actionverdächtigen Sequenzen und emotionalen Bildern von afrikanischen Dorfbewohnern ist es dem Autor wichtig, seine persönliche „Reise“ zu erzählen. Sie bindet dessen Kindheit und Jugend in Krefeld ein. In diesen Sequenzen wird er dargestellt als Zeichenfigur. Die Afrika-Aufnahmen werden am Anfang und am Ende aufgelockert durch zwei Interviews mit Tobias Köhn, der betont: „Mir war es wichtig, im Gegensatz zu den meisten anderen Dokus, auch einen Fokus auf meine Gefühle und letztlich meine Persönlichkeitsentwicklung zu legen. Daher werden Fragen beantwortet wie diese: Wie bekämpfe ich Ängste wirkungsvoll und nachhaltig? Wie finde ich meine Talente und Stärken? Woher nehme ich den Mut, meinen eigenen Weg einzuschlagen und das zu tun, was für mich wichtig und richtig ist?“
Tobias Köhn hat diese Fragen für sich beantwortet und lebt jetzt nach dem afrikanischen Prinzip: „Die Europäer haben die Uhren – Wir haben die Zeit.“ Sein Fazit: „Ich bleibe relativ entspannt, egal, welche Situation sich anbahnt. Ich weiß, dass ich mir selbst vertrauen kann, weil ich mich in Extremsituationen ausprobiert habe.“ Auch wichtig für die Aussage des Films war ein unvoreingenommener Blick auf die Menschen in Südafrika. Der junge Regisseur ergänzt: „Ich möchte dafür werben, jeden Menschen so zu akzeptieren und zu respektieren wie er ist. Das hat mir viele gute Zeiten ermöglicht und wenige Probleme gebracht. Meine Meinung kommt in dem Film auch rüber. In den dokumentarischen Sequenzen lasse ich die Bilder und die Menschen sprechen. Dazwischen erzähle ich selbst von meinen Erfahrungen.“

Haben die gleiche Wellenlänge (v.l.): Open-Air-Kino-Organisator Uwe Papenroth und Abenteurer Tobias Köhn
Jetzt, anderthalb Jahre nach seiner Rückkehr, fühlt sich der Abenteurer wieder ein wenig eingesperrt in seinem „Kasten“. Er lebt bescheiden in einem Wohnmobil und hofft, mit den Einnahmen aus seinem Film das nächste Projekt finanzieren zu können. Sein Geländewagen wartet jedenfalls in Sambia auf ihn. Der 26-jährige Freigeist wird seinen Weg gehen, wo auch immer er ihn hinführen wird. Denn sein Motto lautet: „Du musst nicht so sein wie die anderen. Wie wäre es, wenn Du einfach die beste Version von Dir selbst wirst?“ Ein Zitat, nicht ganz Goethe, aber ganz viel Tobias Köhn.
Der Kinofilm: www.einviertelderwelt.de Alle Filme vom 16. Juli bis 28. August im Überblick:
www.swk-openairkino.de