Als einer der bedeutendsten Alleinunterhalter seiner Generation ist Heinz Erhardt auch 40 Jahre nach seinem Tod noch immer unvergessen. Bei den 36. Schlossfestspielen in Neersen verbeugen sich Regisseur und Schauspieler mit einem Theaterstück der besonderen Art noch einmal vor dem Urgestein des deutschen Wortwitzes.
„Heinz Erhardt begleitet mich schon mein ganzes Leben. Ich bin ein riesen Fan“, schwärmt Stefan Keim mit glänzenden Augen. Der Darsteller verkörpert seine Ikone in diesem Jahr erstmals auf der großen Bühne, nachdem er in den vergangenen Jahren schon mehrmals mit seinem Heinz Erhardt-Programm „Ritter, Reime und Romanzen“ in Neersen auftrat. Im Stück „Der Mustergatte“, nach dem gleichnamigen Film mit Heinz Rühmann, schlüpft der Journalist in die Rolle eines verzweifelten Ehemannes. „Der Plan, ein Erhardt-Stück zu inszenieren, bestand schon lange. Von der Idee, ihn in der Rolle von Heinz Rühmann im „Mustergatten“ unterzubringen, waren wir dann alle begeistert. Es passt wie die Faust aufs Auge“, erklärt Keim.
- Stefan Keim verkörpert Heinz Erhard als „Mustergatten“. Den Habitus des Komikers hat er bereits perfekt verinnerlicht.
- Michaela Schaffrath als Nachbarin Blanche
Willi Winzigmann alias Heinz Erhardt will immer alles richtig machen. Er ist ordentlich, pünktlich und hält an traditionellen Werten fest. Als seine gelangweilte Frau Wilma, angeregt durch die Entwicklungen der wilden Siebziger, noch einmal die Abenteuerlust packt und sie die Scheidung verlangt, fällt ihr „Mustergatte“ aus allen Wolken. Doch anstatt aufzugeben, will er lernen, ein echter Mann zu werden und wieder mehr Aufregung in seine erkaltete Ehe bringen. Er inszeniert, um seine Frau eifersüchtig zu machen, eine Affäre mit der befreundeten Nachbarin – ohne zu wissen, wie so etwas überhaupt funktioniert. Im Rahmen eines WDR-Projektes durfte Stefan Keim bereits die Kinder Erhardts kennenlernen. Als diese erfuhren, dass der Journalist ein Bewunderer ihres Vaters ist, überhäuften sie ihn mit alten Platten und allerhand Geschichten. „Das war bisher wohl das Highlight, wenn ich bedenke, was für einen großen Part dieser Mann in meinem Leben eingenommen hat. Schon als Kind habe ich versucht, ihn nachzumachen. Ich bin dann mit meinem eigenen Erhardt-Programm aufgetreten, habe Improvisationen gemacht, und nun stehe ich auch noch in einem fünfköpfigen Ensemble-Stück als er auf der Bühne“, freut sich der 51-Jährige auf die bislang 20 geplanten Aufführungen.
„Ich hoffe, dass wir mit dem Stück und unserer Interpretation des Ganzen einige Erinnerungen an diesen genialen Künstler zurück in die Gedächtnisse der Leute rufen können.“

Zuschauer dürfen sich auf ein aufwändiges Bühnenbild freuen.
Mit Michaela Schaffrath als zweiter Hauptdarstellerin bekommt Keim prominente Unterstützung zur Seite gestellt. Die Schauspielerin und Synchron- sprecherin mimt Nachbarin „Blanche“. Lange Überzeugungsarbeit brauchte es nicht, um die 48-Jährige mit an Bord zu holen. „Intendant Jan Bodinus und ich kennen uns schon lange, und wir wollten unbedingt wieder zusammenarbeiten. Das Stück hat dann auch zeitlich super gepasst, und ich freue mich total, wieder in Nordrhein-Westfalen, meiner Heimat, auf der Bühne zu stehen“, erzählt Schaffrath, die sich ebenfalls als Fan von Erhardt zu erkennen gibt: „Der Wortwitz von Erhardt ist genau mein Humor. Deshalb ist es auch gar nicht so einfach, bei dem Stück ernst zu bleiben. Stefan macht das großartig, und man nimmt ihm die Rolle komplett ab.“ Doch neben dem bekannten Erhardt-Humor soll es auch Momente geben, die zum Nachdenken anregen. In vielen Situationen kann man Parallelen zu Alltagssituationen ziehen, die wohl einem Großteil der Zuschauer schon untergekommen sein werden. An ihrer eigenen Figur mag die Schauspielerin vor allem den Wandel ihres zunächst zurückhaltenden Charakters und das Zusammenspiel mit ihrem Kollegen. Dass die beiden Darsteller eine gute Chemie entwickeln würden, deutete sich bereits beim Plakatfotoshooting an, wie Keim verrät: „Wir waren uns auf Anhieb sehr sympathisch. Das Plakatfoto ist entstanden, als wir eigentlich noch Probeaufnahmen gemacht haben. Am Ende waren die Bilder aber so gut, dass wir sie gleich genommen haben. Das gute Verhältnis zueinander zieht sich aber durch den gesamten Cast und die Crew. Die Arbeit macht Spaß, und wir als Darsteller müssen uns bei der Unterstützung in Form des fantasti- schen Bühnenbilds bedanken.“ Die aufwendige Kulisse ist in diesem Jahr so einnehmend, dass sie die romantische Szenerie des Schlosses beinahe vergessen lässt.
Beim Ticketkauf ist Eile geboten, denn von Konzept und Ensemble sind die Zuschauer offenbar schon vor der Erstaufführung am 26. Juni überzeugt. Die bisherigen Verkaufszahlen für die neue Tribüne auf dem idyllischen Schlossplatz toppen sogar den Rekord der vergangenen Festspielsaison. Heinz Erhardt, der in diesem Jahr 110 Jahre alt geworden wäre, scheint seine Anziehungskraft noch immer nicht verloren zu haben. „Ich hoffe, dass wir mit dem Stück und unserer Interpretation des Ganzen einige Erinnerungen an diesen genialen Künstler zurück in die Gedächtnisse der Leute rufen können“, schließt Stefan Keim lächelnd.
Schlossfestspiele Neersen
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