Lewerentzstraße 66: Die Schneewind’sche Schlossallee

 

Mit meinen Eltern und meiner Schwester habe ich immer gerne Monopoly gespielt, oft über mehrere Wochenenden. Ich hatte großen Spaß daran, Parkstraße und Schlossallee zu bebauen“, erzählt Frank Schneewind (56), der sich mit der Kernsanierung der Lewerentzstraße 66 zur „Fischbude“ einen Lebenstraum erfüllt und für Mieter mit einem Faible für Shabby Chic Wohnträume geschaffen hat.

 

Die Lewerentzstraße 66

Unauffällig, in einer Häuserzeile an der Lewerentzstraße, gegenüber einer Trinkhalle und in der Nähe der Alten Samtweberei mit seinen modernen Büros im Pionierhaus, 37 Mietwohnungen und dem ehemaligen Café Lentz,
liegt das anthrazitfarbene Dreischeibenhaus mit der Nummer 66 aus dem Jahr 1884. Über dem Bürgersteig baumelt ein ovales Schild mit einem Fisch im Wind, und im ehemaligen Schaufenster hängt ebenfalls ein Fisch – beides Schlüssel zur Geschichte des Hauses, dessen Hausschlüssel Immobilienberater Frank Schneewind besitzt. Um zu verstehen, warum ein erfolgreicher Krefelder, der unter anderem in Düsseldorf Gewerbe-Lofts an Kreativbüros und Modefirmen wie Prada und Piazza Sempione vermittelt, 2013 das damals heruntergekommene Haus kauft, muss man den Lebensweg des umtriebigen Anpackers und kreativen Visionärs ein Stück mitgehen.
Nachdem der Moltke-Abiturient die Bundeswehrzeit, eine Lehre zum Wirtschaftsassistenten bei Thyssen Stahl und ein Betriebswirtschaftsstudium im Bereich Kommunikation und Marketing in Düsseldorf absolviert hatte, fand er seine erste Anstellung bei der Firma Zadelhoff, die europaweit Gewerbeimmobilien vermittelt. Frank Schneewind hatte zwar, wie er sagt, keine Ahnung von der Immobilienbranche“, aber immerhin seinen künftigen Chef so beeindruckt, dass er den Job bekam. Sein erstes Büro lag im ehemaligen L’Oréal-Komplex in Düsseldorf. Erste Aufgabe war die Vermittlung von Büroflächen in der Größenordnung von rund 300 Quadratmetern. Später wurden die Kunden bedeutender und die Büroflächen größer – bis zu 10.000 Quadratmeter und mehr

Mehr als kurzfristige Adrenalinschübe

Frank Schneewind genoss seinen Erfolg, wollte aber über diese kurzfristigen Adrenalinschübe hinaus mehr: „Ich habe mich immer mehr gefreut, wenn ich einen attraktiven Showroom vermittelt habe. Aber irgendwann habe
ich mich dann gefragt: Warum baust Du nicht selbst solche Lofts?“ Im Internet fand er ein seit Jahren leerstehendes, abgewohntes Mehrfamilienhaus am Alexanderplatz und kaufte es. In vier Jahren Sanierungszeit entstanden zum Großteil in Eigenleistung vier geräumige, wunderschöne Wohnungen mit Balkonen, wie es sie in der Innenstadt kaum gibt. In dieser Immobilie hatte übrigens bereits in den Achtzigern Schauspieler Matthias Brandt, Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, gelebt. Bis heute ist dieser „Mikrokosmos Alexanderplatz“ ein begehrtes Wohnquartier in der Krefelder Südstadt.

Frank Schneewind und seine "Fischbude"

Umtriebiger Anpacker und kreativer Visionär: Frank Schneewind

Dieses Schneewind-Invest wurde zum Musterbeispiel für eine gelungene Sanierung in der Innenstadt, das in der lokalen Architektenlandschaft und bei den Stadtverantwortlichen große Beachtung fand. Auch die Montagstiftung „Urbane Räume“ nahm diese und ähnliche Investitionen in Krefeld, wie auch die Sanierung des Dujardin-Gebäudes in Uerdingen, wahr und entschied sich daraufhin für eine gemeinwohlorientierte Entwicklung im sozial benachteiligten Quartier der Krefelder Südstadt, das sich heute Samtweberviertel nennt. Frank Schneewind würde gerne mehr im Bereich Quartiersentwicklung tun, wird aber zurzeit, wie er sagt, „durch den überhitzten Immobilienmarkt und auch die leider vielen baubehördlichen Hürden wie Brandschutz, Statik und Denkmalschutz, die kostentreibende Faktoren darstellen“, ausgebremst.
Vor sechs Jahren war die Situation noch erfreulicher. Als Frank Schneewind zum ersten Mal das Haus an der Lewerentzstraße 66 betrat, wusste er, dass sich seine Risikobereitschaft, gepaart mit langem Atem beim Umbau und der Mieterfindung, auszahlen würde. Er erinnert sich: „Bei der ersten Begehung mit Makler und Eigentümer war ich so geflasht von der im Flurfußboden eingelassenen Fischkeramik, dass ich alles über das Gebäude und
sein Umfeld wissen wollte. Ich studierte historische Zeitungen und stieß dann während der Abbrucharbeiten auf eine ehemalige Räucherkammer im Erdgeschoss und Fischbecken im Gewölbekeller, die ich im Urzustand
belassen habe. Alles das ließ auf eine ursprüngliche Nutzung als Fischladen schließen. So entstand der Name ,Fischbude‘.“

„Bei der ersten Begehung mit Makler und Eigentümer war ich so geflasht von der im Flurfußboden eingelassenen Fischkeramik, dass ich alles über das Gebäude und sein Umfeld wissen wollte.“

Vier Jahre Schweiß und Ausdauer für das Herzensprojekt

Vier Jahre dauerte die Sanierung des 330 Quadratmeter großen Hauses mit Deckenhöhen von bis zu vier Metern. Frank Schneewind selbst investierte unzählige Arbeitsstunden und viel Schweiß in sein Herzensprojekt mit der
Nummer 66. Er stemmte sämtliche Abbrucharbeiten vom Keller bis zum Dachstuhl selbst, beizte zusammen mit Freunden Türen und Zargen ab, übernahm das Freilegen und Trocknen des Mauerwerks und das Abdecken des Daches. Alle Holzböden wurden aufgenommen, instandgesetzt und danach wieder mit dem original Ochsenblutrot versehen. Im Erdgeschoss, in das gerade die Kreativagentur TRUEDAT mit Streetware-Fashion eingezogen ist, wurde unter dem Betonboden eine Fußbodenheizung verlegt. In den drei großzügigen lichten Wohnungen wurden historische, aber nach neuestem technischem Stand funktionierende, schwarze Industrierippenheizkörper installiert, die Frank Schneewind aus einer Lagerhalle in Neuss vor dem Alteisen gerettet hatte. Highlight jeder der drei Wohnungen ist eine Dachterrasse im ruhigen hinteren Hausteil mit einem wunderschönen Blick in historische Innenstadtgärten.

„Mein Ziel war es, all das Schöne herauszuarbeiten, was die historische Bauweise ausmacht“, beschreibt der Investor mit dem „Architekten-Gen“ seine Intention. Das Ergebnis zieht sich vom Hausflur durch alle Stockwerke und bringt Liebhaber des Shabby Chic zum Schwärmen: überall wunderbare Bodenfliesen oder rote Holzdielen, der spannende Wechsel zwischen Sichtmauerwerk und Sichtbeton, Stuck unter meterhohen Decken und immer wieder Holz: bei Türen, Fenstern, Böden und Treppen. Im Flur erzählen in einer Vitrine Funde aus der Sanierungsphase ihre Geschichten: jede Menge altes Porzellan und Glas, eine Maggi-Flasche aus dem 19. Jahrhundert und eine Münze aus der Nazizeit. Bei aller Liebe zur Historie hat Frank Schneewind einen Clou eingebaut, der vor allem seine Mieter freut: einen Aufzug, dessen Tür sich allerdings am Ende des Hausflures optisch verliert. Aber am Boden des Aufzugs dann wieder diese wunderschönen alten Fliesen. So gelingt die Symbiose aus Alt und Neu. So wurde aus der Lewerentzstraße 66 die Schneewind‘sche Schlossallee.

 

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