… Reiner Schütt und Ivona Matic
Krefeld ist keine homogen gewachsene Stadt, sondern ein Zusammenschluss vieler Stadtteile mit eigenen Zentren und eigenen Identitäten. Während in manchen Stadtteilen das Gemeinschaftsgefühl bereits erodiert, ist Fischeln immer noch ein Leuchtturm des bürgerschaftlichen Engagements und der Vernetzung von Vereinen, Verbänden und der hiesigen Wirtschaft. Einmal jährlich, Anfang September, verleiht der Stadtteil diesem Wir-Gefühl mit den Fischeln Open Ausdruck. Das bunte Straßenfest ist dabei Polarstern und Mahnmal zugleich. Ein lebhafter Stadtteil ist alles andere als selbstverständlich, sondern das Resultat von Verantwortung, Heimatgefühl und einem intergenerativen Schulterschluss. Der stellvertretende Leiter der Fischelner Sparkasse und Vorsitzende des örtlichen Bürgervereins, Reiner Schütt, lebt diesen Brückenschlag mit Ivona Matic jeden Tag, die als Gastronomin und Vorsitzende des Werberings frisches Blut in das „Dorf“ gebracht hat.
- Ivona Matic
- Reiner Schütt
„In Fischeln hat Tradition noch einen hohen Stellenwert“, sagt Schütt und blickt mit Vorfreude auf das stadtteilübergreifende Event. „Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie eng die unterschiedlichen Institutionen zusammenarbeiten und welche Aufbruchsstimmung Jahr für Jahr dadurch entsteht.“ Seit nunmehr 20 Jahren ist der 59-Jährige Mitglied des Bürgervereins, seit rund zehn Jahren lenkt er die Geschicke der bürgerschaftlichen Interessenvertretung auf Führungsebene. Trotz vieler beachtlicher Beispiele für ein engagiertes Miteinander entdeckt der Bankier einen Trend, der ihm Sorgen bereitet: „Die Mitglieder unseres Vereins sind zwar sehr engagiert, aber leider werden es immer weniger. Während wir früher noch 600 aktive Fischelner waren, sind wir heute nur noch 500. Zudem sind es vor allem die Älteren, die einen Beitrag leisten. Nachwuchs fehlt leider fast gänzlich.“ Diese von Schütt beschriebene Entwicklung ist leider bundesweit erkennbar. Überall fehlt es an jungen Kräften, die sich für den Erhalt des Brauchtums oder bürgerschaftlicher Interessen einsetzen. Parallelen zur Biedermeier-Epoche nach der gescheiterten Märzrevolution 1849 tun sich auf, allerdings aus völlig anderen Gründen. Nur wenn doch einmal wichtige Entscheidung vor der Tür stehen, entbrennt der bürgerschaftliche Opportunismus. „Es wäre wirklich zu wünschen, dass die Generation der heute Dreißigjährigen den Wert des Bürgervereins erkennt. Unsere Aufgabe ist es, Anliegen der hier lebenden Menschen an die Politik heranzutragen. Je größer wir sind, desto größer ist eben auch unsere Relevanz. Es ist schwierig, mit 500 Mitgliedern die Interessen von 23.000 hier lebenden Menschen zu vertreten“, so Schütt weiter. Natürlich ist Fischeln im innerstädtischen Vergleich immer noch gut aufgestellt, aber die Demographie und der Zuzug vieler Neubürger aus der Landeshauptstadt stellt den Ortsteil perspektivisch vor Herausforderungen. „Alle freuen sich auf die Fischeln Open, aber das ist kein Selbstläufer. Irgendwann brauchen wir Menschen, an die wir den Staffelstab weiterreichen können“, appelliert Schütt, dessen eigene Biographie eine Blaupause für jene darstellt, die nicht seit Generationen in ihrer Heimat verhaftet sind, und verweist auf das alljährliche Sommerfest: „Gerne möchte wir Interessierte dazu einladen, sich dort einen Eindruck unserer Vereins zu verschaffen.“
„Wir alle sind gefordert, unsere Stadt und die Stadtteile zu einem lebenswerten Ort zu machen. Das geht nur, wenn wir uns verantwortlich fühlen und uns gegenseitig die Hand reichen.“

Das neue Königshofer Original mit Bügelverschluss schlägt die Brücke
zwischen Neuem und Altbewährtem. Das gleiche macht Frank Tichelkamp thematisch mit Reiner Schütt und Ivona Matic
Welche Sogwirkung das Engagement einer jungen beruflichen Wahl-Fischelnerin entfalten kann, belegt das Beispiel von Ivona Matic eindrucksvoll. Die 32-Jährige ist in Uerdingen aufgewachsen und immer noch zuhause, trotzdem brennt sie für den Stadtteil, in dem sie ihr Sylter Eiscafe führt und mindestens die Hälfte ihres Tages verbringt. „Tatsächlich wusste ich früher nicht viel über Fischeln, aber die hier lebenden Menschen, vor allem meine Kollegen aus der Gastronomie und dem Einzelhandel, haben mir schnell einen Zugang verschafft. Der Stadtteil hat mein Herz wirklich im Sturm erobert“, sagt Matic mit leuchtenden Augen in ihrem schmucken Ladenlokal auf der Kölner Straße. Gewiss hat auch die herzliche Aufnahme in die Gemeinschaft ihre Bereitschaft gestärkt, im Rahmen des Vorsitz des Werberings Verantwortung für den Stadtteil zu tragen, doch es ist ein grundsätzlicher Wesenszug von ihr, lieber voranzugehen als hinterherzulaufen. „Natürlich habe ich mir diesen Schritt gut überlegt, immerhin bin ich selbständig und Mutter einer sechsjährigen Tochter, aber ich möchte einen Beitrag dafür leisten, dass dieser Stadtteil so bleibt wie er ist. Das mache ich gerne und aus tiefer Überzeugung“, erklärt sie. Und ihr Beispiel macht Schule. Immer mehr junge Unternehmer sind in ihrem Kielwasser neue Mitglieder im Werbering geworden, arbeiten auch jenseits der Fischeln Open an einem regen Austausch. Matic‘ Entscheidung ist wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde und nun Kreise zieht.
Frank Tichelkamp, Marketingleiter der Brauerei Königshof, ist als nimmermüder Fahnenträger der Stadt seit jeher glühender Verfechter des zivilen Zusammenschlusses und der Vernetzung der Generationen. Sein Credo lautet: „Wir alle sind gefordert, unsere Stadt und die Stadtteile zu einem lebenswerten Ort zu machen. Das geht nur, wenn wir uns verantwortlich fühlen und uns gegenseitig die Hand reichen. Junge Menschen müssen aktiv eine Aufgabe suchen, arrivierte Kräfte ohne Eitelkeiten miteinander harmonieren und Plätze für Heranwachsende schaffen. Wenn uns das gelingt, haben wir genau das, wofür wir immer stehen: Krefelder für Krefeld!“