Er ist noch immer das Aushängeschild eines ganzen Vereins. Wenn sich Friedhelm Funkel ein Spiel in der Grotenburg anschaut, dann kündigt der gastgebende KFC Uerdingen diesen Besuch an wie die Verpflichtung eines neuen Spielers. Dabei hat der heutige KFC nur noch wenig gemein mit dem damaligen Bayer Uerdingen, für das der 60-Jährige 480 Pflichtspiele bestritten und 144 Pflichtspieltore erzielt hat. Am ehesten lässt sich das daran erkennen, dass sich der Verein vom Namen des Pharmakonzerns emanzipiert hat, aber auch an der Ligazugehörigkeit. Zur Funkel-Zeit spielte Uerdingen in der Beletage des deutschen Fußballs, heute ist es die viertklassige Regionalliga West. Aber wer dem Mann, der am 10. Dezember 61 Jahre alt wird, in diesen Tagen in einem Krefelder Café gegenübersitzt, merkt schnell, warum Friedhelm Funkel diese identifikationsstiftende Wirkung entfaltet.
Funkel nennt Krefeld seine „zweite Heimat, wenn nicht sogar mehr“. Der gebürtige Neusser lebt seit drei Jahren wieder in der Seidenstadt, hat hier zuvor in drei Jahrzehnten als Spieler und Trainer viele Freunde gefunden. „Ich will hier nicht mehr weg“, bekennt der 60-Jährige, der sich mit seiner Lebensgefährtin Anja Stapel gerne im Stadtgeschehen zeigt.
Friedhelm Funkel ist aber nicht nur Krefeld-Liebhaber, er ist vor allem Fußballlehrer und hat bei einigen der namenhaftesten deutschen Klubs an der Seitenlinie gestanden: 1. FC Köln, Hertha BSC Berlin oder Eintracht Frankfurt, um nur einige zu nennen. Wer in dem Geschäft unterwegs ist, hat Residenzpflicht, muss nah bei der Mannschaft sein. Wenn der Klub im Süden der Republik angesiedelt ist, muss auch der Trainer dorthin ziehen. „Ich habe mir dann meistens einen Zweitwohnsitz angeschafft, wobei immer klar war, dass meine Basis in Krefeld ist“, so Funkel. Trotzdem hat das ständige Pendeln offenbar Spuren hinterlassen, sodass der 60-Jährige mittlerweile sagt: „Wenn ich einen Job annehme, sollte er hier in der Region liegen, sodass ich nicht mehr weg muss. Einen Klub aus den ersten drei Ligen hier in NRW, das könnte ich mir vorstellen.“ Der KFC Uerdingen spielt zurzeit in der Regionalliga und eignet sich somit nicht, um Funkels derzeitigen Status als Trainer ohne Verein zu beenden.
„Es kommt auf die Perspektive an, darauf, dass ich dort, wo ich arbeite, etwas bewegen kann“, beschreibt Funkel seine Vorstellungen vom künftigen Arbeitgeber. Zuletzt hat er den Zweitligisten 1860 München trainiert, ehe er im März 2014 entlassen wurde. Ein knappes Dreivierteljahr ist Funkel nun ohne Job. Im Fußballgeschäft, dessen Rad durch die ständigen Befeuerungen von Medien, Fans und Vereinsoberen zu überdrehen scheint, ist das eine gefühlte Ewigkeit. Zuletzt hat Funkel für vier Klubs in fünf Jahren gearbeitet, und wer ihm Böses wollte, könnte sagen, dass er sich nicht teuer genug verkauft hat. Dass er bei Angeboten stets zu schnell zugegriffen hat, statt sich rar und interessant zu machen, sodass er deswegen zuletzt keine Unterschrift mehr unter einen Arbeitsvertrag setzen konnte. Diese Kritik aber lässt der Profi Friedhelm Funkel nicht gelten. „Da ich schon sehr lange im Geschäft bin, brauche ich kaum noch die Eingewöhnungszeit, wie das vielleicht am Anfang meiner Karriere der Fall war. Ich bin in der Lage, mich innerhalb kürzester Zeit auf eine Mannschaft und deren Umfeld einzustellen“, erklärt der 60-Jährige. Zurzeit schaut sich Friedhelm Funkel viele Fußballspiele im Stadion an, kommt hier und da mit Vereinen in ein Gespräch und bildet sich bei Trainertagungen fort. „Vielleicht ergibt sich wieder ein Job, vielleicht aber auch nicht. Ich bin da auch wegen meines Alters ganz entspannt. Deshalb schaue ich auch nicht darauf, wo eine Mannschaft schlecht spielt und der Trainer entlassen werden könnte“, behauptet Funkel.
Er gibt aber auch zu, dass sich seine engsten Vertrauten nicht im Fußballgeschäft wiederfinden. „Echte Freunde hat man vielleicht zwei oder drei. Das sind Leute, die ich noch aus der Schule kennen. Diese Freundschaften kann nichts mehr durchbrechen, die sind einfach zu stark gewachsen. Trotzdem gibt es freundschaftliche Verhältnisse im Fußball, wie ich sie zum Beispiel mit Rudi Bommer oder Jos Luhukay habe“, erklärt Funkel.
„Ich habe mir dann meistens einen Zweit-Wohnsitz angeschafft, wobei immer klar war, dass meine Basis in Krefeld ist.“
Das klingt bodenständig, und bodenständig gibt sich Funkel nicht nur als Mensch, sondern auch als Fußball-Angestellter. Das Kapitel Ausland hat es für ihn nie gegeben. Während sich der Fußball immer weiter globalisiert, weist die Vita Friedhelm Funkels ausschließlich Stationen im Inland auf. „Ich hätte in die Türkei gehen können, nach Russland, Ungarn oder China. Die Angebote gab es, sie waren für mich aber nie so reizvoll, weil ich immer die Möglichkeit hatte, in Deutschland interessante Vereine zu trainieren“, findet Funkel. Für ihn schwang auch immer die Befürchtung mit, im Ausland aus dem Blickfeld der deutschen Fußballvereine zu geraten. „Wenn du einmal weg bist, ist es schwer, zurückzukommen“, weiß Funkel. Aber es ist mehr als das. Wenn der 60-Jährige über „sein Land“ spricht, schwingt da eine gehörige Portion stolz mit, wie sie sonst von Deutschen selten zu hören ist. „Ich liebe Deutschland, ich bin absoluter Deutschlandfan. Wir haben ein tolles Land mit tollen Städten, einer tollen Kultur, mit tollen Stadien, erleben alle vier Jahreszeiten. Ich identifiziere mich total mit diesem Land“, schwärmt Funkel.
Identifikation bedeutet für Friedhelm Funkel auch Engagement. Deshalb hat er jetzt in seiner zweiten Heimat Krefeld die Traditionsmannschaft des KFC Uerdingen ins Leben gerufen. Die sogenannten Uerdinger Legenden sollen eins der Zugpferde sein für das Hallenturnier Budenzauber Krefeld, das am 11. Januar im KönigPalast stattfindet. Verdiente Uerdinger Spieler wie Matthias Herget, „Pele“ Wollitz und Helmut Rahner treten gegen die Altstars von Gladbach, Dortmund, Köln, Leverkusen und Duisburg an. Ein hochkarätiges Turnier für Krefeld, und die Geburtsstunde für die Uerdinger Legenden, auf die viele KFC-Fans lange gewartet haben. „Als man mich der Veranstalter vom ‚Budenzauber‘ gefragt hat, ob ich eine solche Mannschaft zusammenstellen kann, musste ich nicht lange überlegen. Es ist toll, die Jungs wiederzutreffen. Wir werden am Abend vorher zusammen essen gehen und uns wieder besser kennenlernen“, erzählt Funkel. Zunächst spielen die Uerdinger Legenden nur bei diesem einen Turnier zusammen. Wenn alles passt, kann sich Funkel aber durchaus eine Fortsetzung der Mannschaftsgeschichte vorstellen. Falls das nicht klappt, werden sie ihn trotzdem weiterhin lieber beim KFC Uerdingen.
Budenzauber Krefeld, 11. Januar 2015, 17:30 Uhr, KönigPalast
Karten ab 10,45 Euro, Infos und Vorverkauf unter budenzauber-krefeld.de