Wer das „Il Punto“ betritt, lernt auch sofort den Chef kennen, Giovanni Patavino. Unaufdringlich, aber dennoch präsent, steht der 52-Jährige gebürtige Apulier mit dem vollen grauen Haar und der markanten Brille entweder an einem der 12 Naturholz gebeizten Tische und plaudert mit Stammgästen oder er wirbelt am sechsflammigen Gasherd in seiner offenen – zugegeben ziemlich kleinen – Küche.

Gastro-Tipp: „Il Punto“: Versteckter Treffpunkt italienischer Lebensart

Das Il Punto ist eines der kleinsten Krefelder Lokale, und wer es nicht kennt, wird es auf Anhieb auch nicht finden. Es liegt ziemlich versteckt, zwischen Hochstraße und Königstraße, an der Mennoniten-Kirchstraße 24. Und, als wäre das nicht genug der „Tarnung“, verdeckt ein massives, nicht sehr einladendes Betonvordach den Eingang mit Außenterrasse. Eigentlich keine guten Voraussetzungen für eine Erfolgsgeschichte.

Doch mittlerweile sind es neun Jahre, in denen der Padrone (unterstützt von einem Kellner und einer Küchenhilfe) montags bis samstags seine unverfälschte italienische Küche präsentiert. Das sogar im doppelten Sinne, denn Herzstück des 50 Quadratmeter großen Restaurants ist die offene Küche hinter dem fünf Meter langen Tresen. Von hier aus werden Speisen gereicht, die Gläser mit Wein gefüllt und die schönen Designerflaschen mit italienischem Sprudelwasser ausgeschenkt.

Großes Plus ist die kleine Karte: Zwei Salate, zwei Suppen, drei Pastagerichte, zwei Fisch- und zwei Fleischgerichte, drei Desserts. Basta. „Es muss aber nicht nur gegessen werden, was auf der Karte steht“, sagt Giovanni Patavino und verrät damit einen Teil seiner Philosophie: Gekocht wird, was den Gästen schmeckt und seine Küche aktuell bietet. Was weg ist, ist weg. Giovanni selbst steht am Herd und lässt auch niemanden außer seiner Frau Fernanda an die Töpfe – das Ergebnis negativer Erfahrungen mit anderen Köchen.

Weiterer Pluspunkt: Täglich wechseln die Gerichte im Il Punto. Die Preise beginnen bei 5,90 Euro für eine Fischsuppe oder eine Kartoffel-Trüffel-Suppe und enden bei 23,- Euro für das Rinderfilet mit Pfeffersauce. Die beliebtesten Klassiker stehen auf einer großen Schiefertafel. Sie reichen von Fettuccine mit Steinpilzen und Filetspitzen bis zu Taglione mit Jacobsmuschel.

Jeder der maximal 35 Gäste kann von seinem Stuhl oder einer der gemütlichen Lederbänke aus Italien förmlich riechen. Nie mehr als fünf Meter sind es nämlich bis zum „Centro Gusto“. Dort brutzeln in gusseisernen Pfannen jetzt für uns drei Gerichte: Penne mit Mangold, Rinderfilet in Pfeffersauce und Steinbutt. Die Handgriffe von Giovanni sitzen, und nach 20 Minuten stehen drei üppige Teller vor uns. Optisch keine Kapriolen, aber ehrlich und vor allem richtig lecker.

Die Penne sind „al dente“ und werden neben Mangold mit Wirsing, Möhrenstreifen, Zwiebeln und fein untergehobenen Pinienkernen serviert. Das ist auch die Beilage zum Fisch und Fleisch. Dazu gibt es Kartoffeln. Der Steinbutt lässt sich wunderbar von der Gräte lösen und hat neben seinem feinen Eigengeschmack ein wenig den Duft der beigegebenen Kräuter Rosmarin und Thymian angenommen. Ein bißchen weniger Öl wäre mehr gewesen. Das Rinderfilet mit Pfeffer(Sahne)Sauce und vielen Pfefferkörnern fällt mit geschätzten 250 Gramm üppig aus. Und es ist in der Garstufe „medium well“ perfekt – auch für Gäste, die es eigentlich lieber ein bißchen mehr in Richtung „well done“ haben wollen. Eigentlich sind wir gesättigt, aber Giovanni Patavino überredet uns noch zu Pannacotta mit Fruchtmark. Eine gute Idee. Die Pannacotta-Creme ist leicht und das dunkelrote Fruchtmark nicht zu süß. Das hebt den Eigengeschmack der Früchte hervor. Löffel für Löffel leert sich das Glas, und wir haben nicht das Gefühl, einen noch volleren Magen zu bekommen. Ein gelungenes „Finale Grande“.

Während unseres Besuchs erfahren wir mehr über Giovannis Lebensweg. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Apulien, siedelten seine Eltern 1975 mit ihm und den beiden Geschwistern nach Deutschland über. Giovannis erste Station war die als Tellerwäscher in Düsseldorf. Das Kochhandwerk erlernte er später dort in einem italienischen Stehimbiss-Restaurant mit Lebensmittelgeschäft und blieb zehn Jahre. Familiäre Gründe führten Anfang der neunziger Jahre dazu, dass sich Giovanni entschloss, einen neuen Weg zu gehen. Ein Bekannter holte ihn nach Krefeld. Hier kochte er zehn Jahre im „Vinicole“ an der Uerdinger Straße. 2006 ergriff Giovanni Patavino dann die Chance, sich zusammen mit einem Geschäftspartner mit dem Il Punto selbständig zu machen. Doch der ließ ihn kurz vor der Eröffnung im Stich. Das war hart für Giovanni: „Ich stand vor der Frage: Weitermachen oder alles verlieren? Ich habe alleine weitergemacht. Es gibt Monate, da kann ich lächeln, es gibt aber auch Monate, da bin ich traurig“, ist heute seine emotionale Bilanz. In der Sprache des Geschäftsmannes heißt das: „Eine Planung wie noch vor zehn Jahren ist nicht mehr möglich. Das Gästeaufkommen ist nicht mehr kalkulierbar.“ Auch die Großbaustelle am Ostwall sorge für weniger Kunden und erschwere seinem Fischlieferanten aus Neuss, der zweimal in der Woche Ware bringt, die Anfahrt. Laufkundschaft gibt es im Il Punto so gut wie keine. Das Restaurant lebt von Mund-zu-Mund-Propaganda, die gut funktioniert. Doch sobald die Geschäfte in der Innenstadt geschlossen haben, wird es auch im Il Punto leer. Deshalb kocht Giovanni Patavino in der Woche nur bis 20 Uhr, „das heißt aber nicht, dass ich dann die Türen schließe. Wer um viertel vor acht kommt, kann noch ganz gemütlich bei mir essen.“

Gastro-Tipp: „Il Punto“: Versteckter Treffpunkt italienischer Lebensart

Giovanni Patavino am Herzstück des „Il Pinto“, dem sechsflammigen Gasherd

Das Il Punto ist zwar nur ein kleiner Punkt auf dem Krefelder Stadtplan, aber ein großer Genusspunkt in der italienischen Gastro-Szene der Seidenstadt mit unverkrampfter Gastlichkeit, die zum gemütlichen Plaudern einlädt.

Il Punto, Mennoniten-Kirchstraße 24, Innenstadt, Öffnungszeiten der Küche: montags bis freitags von 12 bis 20 Uhr, samstags von 12 bis 18 Uhr.
Geöffnet ist aber immer so lange, bis der letzte Gast gesättigt ist. Zum Angebot des Il Punto gehört auch ein Cateringservice. Telefon: 02151 – 565 23 32.