Gastrotipps sind nicht selten Expeditionen ins Ungewisse. Oft suchen wir nach Perlen, die jenseits des kulinarischen Radars angesiedelt sind. Gaumenfreuden im Biedermeier-Kleid oder Geschmackserlebnisse hinter einer bröckeligen Fassade. Ein Besuch der Villa Medici hat wenig mit dieser Aufspürarbeit zu tun. Die Jugenstil-Villa in Bockums Peripherie trägt die Klasse des darin befindlichen Restaurant für jeden sichtbar nach außen. Haute cuisine trifft hier auf ein einzigartiges Ambiente, das den Charme der Epoche seiner Entstehung zu konservieren vermag. Hier zu dem Urteil zu kommen, dass es sich um ein tolles Restaurant handelt, wäre ähnlich bahnbrechend wie die Erkenntnis, dass ein Mercedes ein gutes Auto ist – soviel gleich vorweg.

Gastrotipp "Villa Medici": Wo Stil erlebbar wird

Der Patron des Genusses: Inhaber Giuseppe Bunanno

Die Villa Medici steht auf der Schönwasserstraße wie eine Trutzburg des guten Geschmacks, sie buhlt nicht um Aufmerksamkeit. Effekthascherei ist ihr genauso fremd wie die Neigung zu postmodernen kulinarischen Experimenten. Tatsächlich will sie sogar ein bisschen erobert werden: Wer hinein möchte, muss klingeln und an Inhaber Giuseppe Buonanno vorbei, der hinter dem Eingang wie ein Patron über sein Lebenswerk wacht. Der Italo-Krefelder mit neapolitanischen Wurzeln ist der fleischgewordene Gastgeber. Jeder Gast wird von ihm persönlich begrüßt und mit einer respektvollen Distanz umsorgt. Mediterrane Warmherzigkeit und Fürsorge kennzeichnen auch den Umgang des Service-Personals. Die schweren, eichenvertäfelten Wände erzeugen eine Form von Gemütlichkeit, die in anderen Lokalen, geprägt von Gegenwartsdesign, kaum noch zu finden ist. Die Dielenböden aus dem späten 19. Jahrhundert knarzen unter den Füßen, riesige Kronleuchter hängen wie Juwelen von den meterhohen Decken. Dinieren in der Villa ist wie eine aristokratische Zeitreise im besten Sinne. Schwellenängste sind hier völlig unangebracht. Buonanno schätzt jeden Menschen, der Lust auf gutes Essen hat. Und das gibt’s in der Villa wahrlich reichlich.

Buonanno beschreibt die eigene Küche als „italienisch mit rheinischen Einflüssen“. Alle Kompositionen auf der Karte hat er gemeinsam mit Küchenchef Pasquale Valentino kreiert. Seit über 30 Jahren bilden sie ein eingespieltes Team mit klaren Visionen. „Wir schauen nicht nach links und rechts“, sagt der Patron achselzuckend mit einem Akzent, der wie Musik in den Ohren für Freunde des gestiefelten Landes in Südeuropa klingt. Buonannos Anspruch ist, beste Produkte zu servieren, die so zubereitet sind, dass ihr natürlicher Geschmack im Vordergrund steht. Fisch und Meeresfrüchte sind Wildfänge, die Pasta ist hausgemacht, das Fleisch kommt von den besten Bauern Deutschlands oder direkt aus den USA, wo es Wagyu-Rindfleisch auf einem Niveau gibt, das hier kaum zu finden ist. Liebhaber von Highend-Lebensmitteln wie Austern, Hummer und Trüffeln kommen genauso auf ihre Kosten wie Genießer bodenständiger Gerichte mit dem besonderen Etwas. Dass das gastronomische Konzept kaum einen Wunsch offen lässt, liegt nicht zuletzt in Buonannos Vita begründet. Von Neapel machte er sich auf nach Frankreich, wo er als Chef de Rang im Hotel du Palais in Biarritz arbeitete, das als das drittbeste Hotel Frankreichs gilt. Über Stationen in der Schweiz führte in sein Weg anschließend nach Krefeld. „Die Liebe hat mich hier gehalten“, sagt er lächelnd. Zusammen mit seiner Frau führt er die Villa seit 1981. Während der Patron das Restaurant leitet, ist seine Frau Heike für das angeschlossene Hotel mit neun Zimmern verantwortlich. Ein echter Familienbetrieb; das schätzen die vielen Stammgäste.

Den Auftakt des Fünf-Gänge-Menüs bildet das Amuse-Gueule: Ein lauwarmer Zwiebelkuchen an Pesto mit frittierten Scampi, garniert mit Glasnudeln und Mangochutney. Der Appetitanreger verbindet zahlreiche Aromen und Konsistenzen und schärft die Sinne für die Nachfolger. Die Variation von Antipasti steht im Geschmack der Optik in nichts nach. Taschenkrebs, Hummersalat und getrocknete Tomate mit Thunfisch korrespondieren gelungen miteinander, um nur einige zu nennen. Die Raviolini mit schwarzen Trüffeln spiegeln genau das Küchencredo wider: Beste Produkte, dezent veredelt und möglichst naturbelassen. Mutig ist heute, wer keine Saucen mit 15 verschiedenen Aromen kredenzt. Der Koch macht sich nackig und gibt den ungeschönten Blick aufs Handwerk preis. Und das ist meisterlich. Das Fundament des Menüs, der Hauptgang, kommt anschließend daher wie ein selbstbewusstes Manifest der Kochkunst. Der Seeteufel ist in der Mitte glasig und von einer zarten Speckkruste bedeckt. Lammrücken und Entrecôte sind auf den Punkt gegart und zartrosa. Die Augen Buonannos leuchten, als er in genusserfüllte Gesichter blickt. Dafür lebt der Vollblutgastronom im Rentenalter. Immer wieder erkundigt er sich nach der Zufriedenheit. Kompromisse werden von ihm nicht geduldet. So ist es wenig verwunderlich, dass auch das Dessert mit Makellosigkeit überzeugt. Ein bloßer Fruchtsalat avanciert in den Händen Valentinos zu einem Geschmackshighlight und auch der Klassiker der italienischen Süßspeisenfraktion, das Tiramisu, trifft zielgerichtet auf die Geschmacksknospen.

Gastrotipp "Villa Medici": Wo Stil erlebbar wird

Was bleibt also als Fazit, wenn die Güte von Restaurant und Speisen von vorneherein unbestritten sind? Klein und fein, Bistro und à la carte, bodenständig und haute cousine. Zwar ist die Villa Medici die Top-Adresse für lokale Promis und die oberen 5.000, ihnen vorbehalten ist sie allerdings nicht. Nicht vom Preis – der im Verhältnis zur Leistung völlig angebracht ist – und auch nicht von seiner gastronomischen Ausrichtung, die jedes überflüssigen Chichis entbehrt. Im Winter warten rund 20 Plätze im Bistro zum Mittagstisch mit wechselnder Tageskarte und rund 50 Platze im à la carte-Bereich auf Genießer aller Couleur. Tauchen sie ab in italienische Gastfreundschaft und genießen sie den Mercedes der Krefelder Gastroszene.

Hotel & Restaurant Villa Medici, Schönwasserstraße 73, 47800 Krefeld
Tel.: 02151 50660, www.villa-medici-krefeld.de