Steht man heute in einer der nach Denkmalschutz-Vorgaben entkernten Scheunen von Gut Heyenbaum in Verberg, kann man sich gut vorstellen, wie hier vor 400 Jahren Stroh und Heu gelagert wurden. Der 12 Meter hohe Raum mit Backsteinwänden, Holzbalken und ­Holzstiegen atmet noch den Duft vergangener Zeiten. In den 40 ­Jahren des erfolgreichen Gastronomie-Betriebs genossen die Gäste gehobene ­Kulinarik in bäuerlichem Ambiente. Nächstes Jahr werden auf dem Areal 15 exklusive „Gutshaus-Wohnungen“ bezogen. Gut Heyenbaum ist ein lebendiges Beispiel für den bautechnischen Übergang von einem historisch bedeutenden Gutshof aus dem Jahr 1600 zu einer modernen Wohnanlage des 21. Jahrhunderts.

Achtsamer Umgang mit der Historie - Vom bedeutenden Gutshof über ein angesehenes Restaurant zur modernen Wohnanlage

Bernd Krükel, Geschäftsführer der bau & denkmalwert GmbH

Gut Heyenbaum war einer der bedeutendsten Gutshöfe Krefelds

„Je sorgfältiger sowohl öffentliche Bauvorhaben als auch private Investitionen gestaltet, geplant und umgesetzt werden, desto mehr Qualität erreichen wir für unsere gebaute Umwelt. Das eigene Gebäude ist keine Privatangelegenheit, sondern in seiner Erscheinung und seinem allgemeinen Nutzen auch der Öffentlichkeit ­verpflichtet.“ So steht es im aktuellen Baukultur-Bericht der Bundesstiftung Baukultur.

Diesem Grundsatz hat sich auch die Kölner bau & denkmalwert Bauträger GmbH verpflichtet. Zusammen mit zwei Partnern hat sie in den vergangenen 35 Jahren über 50 rheinische Gutshöfe im Großraum Köln umgebaut. Das ehemalige evangelische Gemeindehaus mit seinen Meistermann-Fenstern an der Uerdinger Kronenstraße war das erste Projekt in Krefeld. Vor drei Jahren hat das Unternehmen Gut Heyenbaum gekauft. Bis Mitte nächsten Jahres wird der denkmalgeschützte ­Vierkanthof zu einer exklusiven Wohnanlage umgestaltet. „Wir sorgen dafür, dass Gut Heyenbaum unter staatlicher Aufsicht sein Erscheinungsbild für die Öffentlichkeit erhält,“ betont Bernd Krükel, Geschäftsführer der bau & denkmalwert GmbH, und führt weiter aus: „Gut Heyenbaum war schließlich einer der bedeutendsten Gutshöfe Krefelds. Es gehört laut Denkmalliste der Stadt Krefeld zu den markanten Höfen des Verberger Raums und ist in seiner Architektur und Baukultur erhaltenswert, weil es einen landschaftsprägenden Charakter hat und ein Zeugnis der landwirtschaftlichen Baukultur der letzten 200 Jahre darstellt.“

Das eigene Gebäude ist keine Privatangelegenheit, sondern in seiner Erscheinung und seinem allgemeinen Nutzen auch der Öffentlichkeit ­verpflichtet.

Um 1600 wurde Gut Heyenbaum erstmals urkundlich erwähnt und 1846 zum ­Vierkanthof umgebaut. Laut Archivmaterial gehörte Peter Heienbaum als erster Besitzer „zu den leistungsfähigsten Bauern, denn er hatte verhältnismäßig hohe Abgaben an Naturalien und Dienstleistungen aufzubringen.“ Auch die späteren Eigentümer, Johann Benger und Johann Nepomuk Courth sowie dessen Nachkommen, ­vergrößerten ihren Besitz. Ein Eintrag im Güterverzeichnis der Gemeinde Bockum bezeugt das. Hier weist eine Inventarliste Heyenbaum als ansehnlichen Besitz aus, der so groß war, dass die Besitzer das Recht der Eigenjagd beantragen konnten.

Vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Herrenhaus, das ­spätere Restaurant von Gut Heyenbaum, so umgebaut, wie wir es heute kennen. Das geht aus der Loseblatt-Sammlung „Liebes altes Verberg“ von Hubert Lüstraeten vom ­Februar 1964 hervor. Die markante geschlämmte weiße Backsteinfassade mit dem vorspringenden Mittelteil, dem klassizistischen Giebel und der geschnitzten Haustüre bleibt auch nach dem Umbau erhalten. Ebenso wie die alte Herdstelle und die beiden toskanischen Säulen in der ehemaligen ­Bar: sie werden Bestandteil des Wohn- und Essbereichs der künftigen Wohnung eins. Auch die charakteristischen „Kölner Decken“, das ursprüngliche Mauerwerk und die knarrende, schiefe ­Holztreppe, die von der Diele in die erste Etage führt, bleiben als Zeitzeugen erhalten.

Ein „verformungsgerechtes Aufmaß“ gewährleistet, dass jeder Dachbalken, jede ­Biegung, jeder Haarriss und jede Verformung des Mauerwerks später im Computerscan wiedergegeben wird. Auf dieser Grundlage wurden die ersten Planungen gemacht.

Der Reiz der Architektur liegt in der Symbiose zwischen moderner und traditioneller Baukunst

Wenn man heute die ehemaligen Scheunen und Wirtschaftsgebäude sieht, die alte Schmiede und auch die ältesten Teile des Hofes wie die ehemalige Kornbrennerei und den Pferdestall, kann man sich gut vorstellen, dass hier in einem Jahr eine Wohnidylle herrscht, die der Vergangenheit Rechnung trägt. Man spürt: Hier wird achtsam mit der historischen Substanz umgegangen. An den Restaurantbetrieb erinnert nichts mehr, denn alle Gebäudeteile wurden auf die denkmalgeschützte Gebäudesubstanz zurückgeführt.

Grundgedanken bei der Planung waren: Historisches trifft auf Gegenwart, Stadtnähe verbindet sich mit Naturidylle, durchdachte Architektur sorgt für Wertbeständigkeit. Sanierungsfachmann Bernd Krükel konkretisiert das: „Der Reiz der Architektur liegt in der Symbiose zwischen moderner und traditioneller Baukunst. Filigrane Stahl-Glaskonstruktionen, Treppen aus Sichtbeton, transparente Wände, begehbare Deckenelemente aus Glas und Lichthöfe vom Holzboden im Erdgeschoss bis zum First ergänzen die historischen Mauersäulen und Dachkonstruktionen. Durch die natürliche Farbgebung der Materialien entsteht außerdem eine besondere Atmosphäre.“

Solche Gutshöfe in dieser Größenordnung kann man nur erhalten, wenn man sie als Wohnraum nutzt

Wie lässt sich aber die große helle Loftstruktur mit den Ansprüchen der Denkmalpfleger vereinbaren? Bernd Krükel gibt zu, dass genau dieses Thema immer zu ­Diskussionen führe, aber auch den Reiz ausmache: „Die große Kunst liegt darin, in den vorgegebenen Räumen mit ihren Balkenkonstruktionen und Toröffnungen Wohnraum zu schaffen, der genügend belichtet ist. Fest steht aber auch: solche Gutshöfe in dieser Größenordnung kann man nur erhalten, wenn man sie als Wohnraum nutzt. Bis jetzt haben wir immer einen Kompromiss mit der Denkmalbehörde gefunden.“

Auch in der Außenanlage wird der Gutshof-Charakter mit zwei öffentlichen Innenhöfen beibehalten. In Reminiszenz an das frühere Kutschenmuseum wird dort eine historische Kutsche in einem Glaskubus präsentiert. Die hat Vorbesitzer Hans Lichtenberg den Bauträgern geschenkt. Auch der alte Brunnen aus dem ehemaligen Biergarten wird nach seiner Restaurierung wieder aufgestellt.

Achtsamer Umgang mit der Historie - Vom bedeutenden Gutshof über ein angesehenes Restaurant zur modernen Wohnanlage

Zahlreiche Details wie das ursprüngliche Mauerwerk und die alten Balken sollen erhalten bleiben

So wird beispielsweise die stattliche Scheune mit ihren 12 Metern Firsthöhe in fünf zweigeschossige Hausscheiben aufgeteilt. Die in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden Holzleitern, die früher auf den Heuboden führten, werden Hingucker in den Wohnbereichen. Große Fenster entstehen in Scheunentor ähnlichen Wandöffnungen und kleine in den halbrunden Maueröffnungen, wie man sie aus alten Viehställen kennt. Auch in der Außenanlage wird der Gutshof-Charakter mit zwei öffentlichen Innenhöfen beibehalten. In Reminiszenz an das frühere Kutschenmuseum wird dort eine historische Kutsche in einem Glaskubus präsentiert. Die hat Vorbesitzer Hans Lichtenberg den Bauträgern geschenkt. Auch der alte Brunnen aus dem ehemaligen Biergarten wird nach seiner Restaurierung wieder aufgestellt. Und im überdachten neuen Eingangsbereich wird an die Historie von Gut Heyenbaum mit alten Fotos und Nutzungsgegenständen erinnert.

Für Baudenkmal-Spezialist und Krefeld-Fan Bernd Krükel ist die Restaurierung von Gut Heyenbaum eine Herzensangelegenheit und deshalb so wichtig, „weil im 2. Weltkrieg in vielen Städten prägende Kulturgüter den Bomben zum Opfer gefallen sind“. Umso wichtiger sei die Erhaltung wertvoller historischer Gebäude über verschiedene Nutzungsformen hinaus: „Gerade die betonen nämlich die Wertigkeit eines Kulturgutes als Zeitzeuge einer Epoche. Und genau das ist der Kernbegriff des Denkmalschutzes.“

Der Wert-Erhalt vom neuen „Gut Heyenbaum“ hängt entscheidend davon ab, dass die ­historische Architektur eines Vierkant-Gutshofes für Betrachter von außen weiter sichtbar ist. Die meist 150 bis 200 Jahre alte Gebäudesubstanz darf nicht durch neue Elemente in ihrer Wirkung zerstört, sondern muss sinnvoll ergänzt werden. Positive Prognose des ­Baufachmanns: „Die so umgestaltete Hofanlage wird auch bei wechselndem Zeitgeist in 100 Jahren noch ihre Anziehungskraft haben.“