Handwerksbetriebe haben es immer schwerer, Nachwuchs zu finden, hört man derzeit oft in den Medien. Die jungen Leute seien nicht mehr bereit, körperlich zu arbeiten und sich die Hände schmutzig zu machen. „Die wollen alle lieber Youtuber werden oder in schicken Online-Startups arbeiten“, schimpfen genervte Handwerksmeister. Stimmt und stimmt auch wieder nicht. Denn die große Mehrzahl der jungen Berufstätigen arbeitet nicht bei Facebook oder Google, sondern in „stinknormalen“ Betrieben, in denen das Büroleben bei weitem nicht immer bunt und spannend ist. Und anders als im Handwerk, sieht man am Ende des Tages oft gar nicht, was man geschafft hat, außer vielleicht den Aktenstapel etwas zu reduzieren.

Wir haben drei Krefelder Betriebe zum Thema Ausbildung befragt – drei Betriebe, die Ausbildung als einen wichtigen Teil ihrer Zukunftssicherung begreifen. Natürlich läuft auch hier nicht immer alles rund, gibt es manchmal Konflikte und Probleme. Aber Elektro Hucken, Raumausstattung Grüttner und Glas Dostert gehen das Thema grundsätzlich positiv an und tragen so dazu bei, jungen Menschen von den interessanten Perspektiven zu überzeugen, die sich ihnen im Handwerk bieten.

 

 

Junge Leute mit Spaß an Elektrotechnik gesucht

Erst im Januar hat der letzte Auszubildende bei Elektro Hucken seine Lehre erfolgreich abgeschlossen. Jetzt sucht das Unternehmen erneut nach jungen Leuten, die Spaß an Elektrotechnik haben. „Mehrere Kandidaten haben sich bereits vorgestellt, wir haben aber noch keine endgültige Entscheidung getroffen“, berichtet Irina Hucken, die sich im Betrieb um den Nachwuchs kümmert. Nachdem das Krefelder Unternehmen längere Zeit nicht ausgebildet hatte, ist hier jetzt der dritte Azubi in Folge erfolgreich in den Beruf gestartet. „Uns ist bewusst, dass Nachwuchs für einen Handwerksbetrieb extrem wichtig ist. Deshalb tun wir einiges, um unsere Auszubildenden zu unterstützen. Selbstverständlich helfen wir auch, wenn es mit der Theorie in der Berufsschule einmal schwierig wird“, so Irina Hucken.

Neben Inhaber Frank Hucken und seiner Frau arbeiten im Betrieb derzeit vier Gesellen. Wichtige Aufgabenbereiche sind Neu- und Altbausanierungen für Privatkunden oder Gewerbebetriebe. In letzter Zeit wird die Installation von Datennetzwerken – unter anderem für Smart Home-Anwendungen – häufig nachgefragt. Dazu kommt die Einrichtung von Solaranlagen und „Elektro-Tankstellen“. „Wir freuen uns über jeden jungen Menschen, der Lust hat, bei uns zu arbeiten. Interessierte sollen einfach vorbeikommen und ein bis zwei Tage zur Probe arbeiten. Dann sehen beide Seiten, ob es passt“, so Irina Hucken.

Herr Hucken

 

Alles rund ums Fenster

„Wenn ich durch die Stadt fahre, sehe ich immer irgendwo Ergebnisse unserer Arbeit“, freut sich Manfred Dostert und fügt hinzu: „In mehreren Jahrzehnten Handwerkstätigkeit haben wir ziemlich viele Fenster, Türen oder Schaufenster eingebaut.“ Als Glaserfachbetrieb beschäftigt sich das Unternehmen vorwiegend mit dem Einbau und der Reparatur von Verglasungen. Dazu kommen Produkte wie Glastüren, Glasdächer, Spiegel und Glasmöbel. „Wir bieten alles rund ums Fenster inklusive Serviceleistungen wie Beschlagsreparaturen und Einbruchsschutzmaßnahmen. Ein neuer Trend sind gläserne Küchenrückwände zwischen Oberschrank und Arbeitsplatte“, so Dostert.

In dem inzwischen über 50 Jahre bestehenden Unternehmen arbeiten aktuell neun Mitarbeiter. „In unserem Unternehmen wird seit jeher kontinuierlich ausgebildet“, weiß Manfred Dostert und ergänzt: „Nur so können wir auf Dauer unseren Nachwuchs sichern. Ein Mitarbeiter hat hier kürzlich die Gesellenprüfung gemacht, ein neuer Auszubildender befindet sich im ersten Lehrjahr.“ Um junge Menschen für das Handwerk zu begeistern, hat Dostert auch schon einen Realschulkurs geleitet und die Kursteilnehmer in den eigenen Betrieb geholt. „Die waren fast alle ziemlich begeistert. Wichtig ist es, den jungen Leuten bewusst zu machen, wie befriedigend eine handwerkliche Tätigkeit sein kann. Wenn ich die fertige Duschkabine oder das komplett eingebaute Fenster sehe, weiß ich, wofür ich gearbeitet habe“, betont der Firmeninhaber.

Manfred Dostert

 

Bei uns gleicht kein Tag dem anderen

Bei Grüttner Raumausstattung befindet sich die aktuelle Auszubildende gerade im zweiten Lehrjahr. „Da wir gerne jedem Ausbildungsjahr eines der drei Grundthemen unseres Berufes – Polster, Boden und Dekoration – zuordnen, freuen wir uns, wenn jedes Jahr jemand bei uns seine Ausbildung beginnt“, erklärt Andre Grüttner und fügt hinzu: „Ab Herbst ist also wieder ein Platz frei.“ In der Berufsschule bekommen die Raumausstatter-Azubis die theoretischen Grundlagen vermittelt, manchen Themen, die einzelne Betriebe nicht abbilden können, werden auch in überbetrieblichen Ausbildungslehrgängen gelernt. Da Raumausstattung Grüttner alle relevanten Arbeiten selbst ausführt, bekommen Auszubildende hier alles mit, was sie für ihren Beruf brauchen.

In dem Krefelder Meisterbetrieb arbeiten derzeit, inklusive Inhaber Andre Grüttner, zehn Mitarbeiter, darunter ein angestellter Meister und fünf Gesellen. Die wichtigsten Arbeitsbereiche sind das Verlegen von Böden, das Auf- und Neupolstern von Möbeln, sowie Montage, Reparatur und Reinigung von Sicht- und Sonnenschutz aller Art. Das Unternehmen verfügt über eine eigene Polsterei und Wäscherei. „Das Tolle an unserem Beruf ist, dass kein Tag dem anderen gleicht“, freut sich der Handwerksmeister und resümiert: „Wir verarbeiten zwar oft die gleichen Produkte, aber immer auf einer anderen Baustelle und immer auf andere Weise. Dabei lernen wir viele interessante Menschen und Orte kennen, wie zum Beispiel gerade die Düsseldorfer Gehry-Bauten. Außerdem sieht man als Handwerker abends, was man mit den eigenen Händen geschaffen hat. Das ist in Verwaltungsjobs selten der Fall.“

Andre Grüttner