Wer nicht kauft, ist dumm?
Ein Eigenheim hat etliche immaterielle Vorteile. Viele Menschen schätzen die Tatsache, in ihren eigenen vier Wänden zu leben, sie lieben die Freiheit, das Gefühl, unabhängig von der Einflussnahme Dritter ihr Privatleben gestalten zu können. Das ist toll, doch gerade in Bezug auf die materiellen Vorteile eines Eigenheims halten sich einige Mythen hartnäckig, die die Beton-Gold-Fraktion meist kritiklos unter die Leute streut. Oft heißt es dabei: „Bevor man teuer mietet, kann man genauso gut kaufen!“ Wer das sagt, vergleicht Äpfel mit Birnen. Vielerorts liegt in der monatlichen finanziellen Belastung zwischen Kauf und Miete eines gleichwertigen Objekts (Bausubstanz & Lage) eine Kluft von rund 30 Prozent. Das liegt zum einen an der mit der Fremdfinanzierung verbundenen „Kapitalmiete“, zum anderen an den Rücklagen für die Instandhaltungskosten. Bedeutet also: Soll die monatliche Belastung beim Kauf nicht höher als fürs Mieten sein, muss man Abstriche in Kauf nehmen – weg aus der Stadt, raus aufs Land. Mit all den dazugehörenden Konsequenzen. Mythos eins speist Mythos zwei: „Käufer bilden mehr Vermögen als Mieter!“ Kommt drauf an. Wer das Geld, das ihm monatlich durch die geringere Miete mehr zur Verfügung steht, richtig anlegt, kann nach der Zeit, die in der Regel zur Abzahlung einer Immobilie angesetzt wird, sogar besser dastehen als der Immobilienkäufer. Dafür muss man keine hochspekulativen Finanzprodukte wählen. Es reichen solide ETF-Depots oder passive Anlagestrategien mit einer Nettorendite von drei Prozent. Leider hat auch das oft zitierte Joker-Argument „Aber vor Inflation schützen Immobilien besser als andere Anlagen“ einen Haken, denn es wird auf die Entwertung der Kreditschulden verengt. Inflation reduziert sich nicht auf Kreditschulden, sondern geht in der Regel mit einem Abschwung, entsprechend vielen Notverkäufen und einem temporären Preisverfall einher, weshalb Immobilienpreise und die Inflationsrate schwach negativ korrelieren. Zudem steigen die Preise alltäglicher Güter, und Menschen, die bei der Finanzierung einer Immobilie sowieso schon an ihrer Belastungsgrenze waren, geraten ins Schlingern. Ein Eigenheim ist trotzdem aus unzähligen Gründen eine tolle Sache und der Kauf einer Immobilie ratsam, aber Sie sollten diese Entscheidung in Kenntnis aller Vor- und Nachteile treffen. Im Zweifel fragen Sie Menschen, die sich damit auskennen!
Bellassai & Sigmund