Schauspielerin Jannike Schubert über Neuanfänge, moderne Brechts und die Rollenarbeit für die Dreigroschenoper am Theater Krefeld und Mönchengladbach
Von ihren Freunden wird die Berliner Schauspielerin Jannike Schubert als eine bezeichnet, „die alles kann“. Dank ihrer umfangreichen Musical- und Schauspielausbildung bewegt sich die 34-Jährige singend, tanzend und spielend über die Bühnen der Bundesrepublik wie ein Fisch durch das Wasser. Nachdem sie vor wenigen Monaten als Schwangerschaftsvertretung an das Theater Krefeld und Mönchengladbach berufen wurde, bleibt die markante Brünette dem Ensemble nun als festes Mitglied erhalten und darf gleich zu Beginn der neuen Spielzeit eine Hauptrolle in der Neuinszenierung der Dreigroschenoper übernehmen: Wir haben uns mit Jannike Schubert über ihren Charakter „Spelunken-Jenny“, die Besonderheiten der Inszenierung und ihren Neuanfang am Niederrhein unterhalten.
//Du hast schon an verschiedenen Häusern gespielt – das bedeutet viele Neuanfänge. Ist das eigentlich schwer? Es gehört ja zum Beruf, deshalb weiß man, was auf einen zukommt. Nach meinem ersten Engagementwechsel – da war ich sieben Jahre an einem Haus gewesen – war es schwierig. Da hatte ich Angst, von vorne anzufangen. Aber jedem Anfang wohnt ja auch ein Zauber inne – insofern habe ich mich auch sehr darauf gefreut, nun in Krefeld zu starten. Ich muss sagen, dass ich hier an einem tollen Haus gelandet bin, mit wunderbaren Kollegen.
//Was hat dich denn an den Niederrhein gelockt? (lacht) Der Intendant und der Schauspieldirektor. Und ich war zu der Zeit ohnehin auf der Suche nach einem neuen Engagement, hatte mich unter anderem auch hier beworben. So war es dann ein gleichzeitiges ‚Willst du nicht vorsprechen?‘ und ‚Darf ich bitte vorsprechen?‘ Das Timing war wirklich Arsch auf Eimer, wenn man das so sagen kann. (lacht)
//Und was hat dich auf unser Theater aufmerksam gemacht?
Mir gefiel der Spielplan; außerdem hatte ich von Freunden und Bekannten gehört, dass Herr Grosse hier für ein sehr offenes und freundliches Miteinander sorgt. ‚Der Grosse ist ein Mensch‘ hieß es immer.
//Wie ist denn dein Eindruck von der Stadt Krefeld? Also erstmal war ich, ehrlich gesagt, etwas erschrocken. Die Innenstadt fand ich recht düster. Ich habe aber schnell festgestellt, dass das Krefeld nicht widerspiegelt.
//In der Dreigroschenoper spielst du ab September die Spelunken-Jenny. Wie würdest du diese Rolle charakterisieren? Jenny ist die leitende Hure in dem Bordell, in dem Mackie Messer (Anm. d. Red.: Macheaths, genannt Mackie Messer, ist die männliche Hauptfigur des Stücks, ein Ganove, der mit korrupten Polizeibeamten und vielen verschiedenen Liebhaberinnen verkehrt) sich immer aufhält. Sie wird oft in Inszenierungen ein bisschen an den Rand gestellt. Bei uns – und so erscheint es mir auch als richtig – zeigen wir sie als Macheaths eigentliche große Liebe. Jenny ist irgendwie immer sein Anker, er kehrt immer wieder zu ihr zurück. Sie sind das typische ‚Können nicht miteinander, können nicht ohne einander‘-Pärchen.
„WIR GEHEN MEHR MIT DEM THEMA TOD UM. UNSERE INSZENIERUNG SPIELT ZUM BEISPIEL IN DER PATHOLOGIE. SOVIEL KANN MAN SCHON MAL VERRATEN.“
//Ist dir diese Rolle eher nah oder eher fern? Eher nah. Ich kann die Stärke der Jenny nachvollziehen, und auch dieses Melancholische. Sie ist verlässlich, auch wenn sie verletzt ist. Sie hat Herz.

Jannike Schubert ist neu im Ensemble des Theaters Krefeld und Mönchengldbach
//Wer spielt den Macheath? Michael Ophelders. Michael und ich haben bisher in jeder Produktion, seit ich in Krefeld bin, zusammengespielt – vom Schwiegervater über Freund zu Lover haben wir alle möglichen Beziehungen durch (lacht). Er spielt den Mackie schon zum dritten Mal und hat mir in einigen Punkten die Augen geöffnet; auch, was die Beziehung der beiden betrifft. Macheath ist, glaube ich, ein Stück weit gleichzusetzen mit Brecht. Der hatte ja auch ständig wechselnde Frauen, die er angeblich auch nicht so gut behandelt hat. Gerade die selbstverliebten, arroganten Narzissten sind ja die, die unheimlich gut das Spiel verstehen. In meiner Branche gibt es viele kleine Brechts. Hier am Hause zum Glück nicht, dafür gibt’s aber auch keine Skandale! (lacht)
//Was zeichnet die Inszenierung aus? Wir gehen mehr mit dem Thema Tod um. Unsere Inszenierung spielt zum Beispiel in der Pathologie. Soviel kann man schon mal verraten. Viel darf an dem Stück ja nicht geändert werden, da die Brecht-Erben sehr auf Werktreue beharren. Aber unsere Inszenierung gibt dem Ganzen einige interessante neue Aspekte.
//Ist diese deshalb düsterer als „klassische“ Inszenierungen?
Nee, eher komisch. Und spielerischer, ‚entstaubt‘.
//Wer führt Regie? Helen Malkowsky, die eigentlich im Musiktheater als Opernregisseurin tätig ist. Die Zusammenarbeit ist sehr interessant und macht wahnsinnig Spaß. Sie ist total offen dafür, wie wir Schauspieler arbeiten. Sie möchte zum Beispiel immer wissen, ob wir über den Text oder über die Melodie an ein Stück herangehen, und nutzt das als Grund- lage für die Zusammenarbeit. Ein Lied muss wie ein Monolog gearbeitet werden. Das weiß Helen. Für sie sind die Lieder Texte. Und das zeigt sich am Ende auch in unserem Spiel.
Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen eine gelungene Premiere und eine erfolgreiche Spielzeit 2019/20!