Katrin Bauerfeind über die Facetten der Liebe und die Herausforderungen des Freundlich-Seins
Katrin Bauerfeind ist eine echte Allrounderin: Seit mehr als zehn Jahren ist die schlagfertige 36-Jährige in der Medienwelt als Moderatorin, Schauspielerin und Autorin unterwegs. Ihre Themen: Erfolg und Scheitern, Emanzipation oder – wie in ihrem aktuellsten literarischen Werk „Alles kann, Liebe muss“ – das größte der Gefühle. Ihre „Geschichten aus der Herzregion“ befassen sich mit den kleinen emotionalen Schätzen des Alltags, der Frage nach der Herkunft der Liebe und der Suche nach dem Ort, an den sie sich zurückzieht, wenn sie uns plötzlich verloren geht. Anknüpfend an den Erfolg des Buches, hat Bauerfeind nun eine Comedyprogramm auf die Beine gestellt, mit dem sie derzeit durch die Bundesrepublik tourt. Anlässlich ihres Auftritts im Seidenweberhaus am 16. November haben wir mit der gebürtigen Aalenerin über anonyme Pöbeleien, Menschlichkeit im Straßenverkehr und den Kampf gegen unseren inneren Misanthropen gesprochen.
In deinem neuen Programm geht es um alle Facetten der Liebe. Hast du ein Beispiel?
Liebe hat so viele Facetten. Die wollte ich alle abbilden. Es geht also nicht nur um die klassische romantische Liebe, sondern auch um Tierliebe, Hassliebe, Elternliebe, Nächstenliebe oder auch Heimatliebe.
Im Teaser-Text heißt es, man müsse etwas tun „gegen die dunkle Lage da draußen“. Was ist damit gemeint?
Ich habe festgestellt, dass gerade viel Hass in der Welt ist. Hass wird auch immer sehr ernst genommen, Liebe gilt sofort als kitschig. Das wollte ich ändern. Man kann in diesen Zeiten die Liebe nicht der Werbung, dem Schlager oder dem Zynismus überlassen, wir müssen sie uns zurückholen. Vor allem so lange Eskalation die Reaktion der Stunde zu sein scheint. Ich habe zum Beispiel neulich kurz so semilegal auf dem Bürgersteig geparkt, weil ich bei einer Freundin nur ganz schnell was abholen wollte. Als ich nach kurzer Zeit zurückkam, hatte ich einen Zettel an der Windschutzscheibe: ‚Sie parken faktisch vor einer Einfahrt. Beim nächsten Mal Spiegel ab! Arschloch.‘ Erst nimmt man sowas nicht richtig ernst und denkt, es sei einem egal. Aber dann liegt dieser Zettel neben einem im Auto und man ärgert sich über den Hass, den man abbekommen hat. Meistens ist man geneigt, das an den Nächstbesten, der einem blöde kommt, weiterzugeben. Also dachte ich, es wäre gut, wenn Leute, die sich gerne in eine Wut reinsteigern, stattdessen Zettel dabeihaben, auf denen steht ‚Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und Liebe‘. Damit würden wir zwar nicht die Welt, aber die Stimmung für ein paar Stunden. Vielleicht macht das am Ende den Unterschied.
Es ist ja tatsächlich so, dass sich Hass schneller verbreitet und offenbar auch schneller ausgesprochen ist als liebe Botschaften. Man nehme die sozialen Medien…
Ja, eben hab ich wieder über dieses Buch gelesen, in dem empfohlen wird sich sofort bei allen SocialMedia Plattformen abzumelden. Anscheinend ist es menschlich sich aufs Negative zu fokussieren. Laut einem Test, bei dem man Leuten Gesichter und dazu gute und schlechte Eigenschaften gezeigt hat, ist es wohl so, dass man sich die „negativen Gesichter“ am besten merken kann. Dazu kommt, dass angeblich die Arschlöcher den Ton auf einer Plattform bestimmen, wie sie einfach am meisten Aufmerksamkeit bekommen, so der Autor. Wie ich sage, dem muss man was entgegensetzen.
Also müssen wir uns aktiv gegen eine Eigenschaft wehren, die uns praktisch angeboren ist?
Man kann es ja schon bei kleinen Kindern auf dem Spielplatz beobachten: Kleine Kinder rutschen anderen kleinen Kindern auf den Kopf oder vermöbeln sich mit der Schippe. Fürs nett und lieb sein verlangen wir dagegen in unserer Kindheit sehr viel Eis und Pommes. Wut sitzt direkt unter der Haut. Ich sag’ ja extra: Man kann sich leichter am Hintern kratzen als am Herzen. Aber genau deshalb sollte man trotzdem versuchen, an das Herz zu kommen. Und grade im Alltag hilft das Bewusstsein, um Instant-Eskalation zu verhindern.
In der NDR-Talkshow mit Bettina Tietjen und Alexander Bommes vergangenen März hast du gesagt, seit du das Buch geschrieben hast, bemühst du dich, jeden Tag etwas Liebes zu tun. Klappt das?
Ich versuche es echt. Ich versuche meinen Mitmenschen zu sagen, dass ich sie mag, wenn ich sie mag. Ich verteile eifrig Komplimente, wo immer mir eins einfällt. Früher hab ich oft nichts gesagt, weil ich dachte: Ach, das weiß der andere doch eh, dass ich ihn mag. Die wirklich herausfordernden Situationen wie der Straßenverkehr… naja… ich sag mal: Es ist ja immer noch etwas Luft nach oben (lacht).
Da du deine Show als „Viagra fürs Herz“ bezeichnest: Ist das Programm auch „was für Männer“?
Ich verstehe die Frage oft nicht. Es wird nicht kitschig, nur weil es um Liebe geht. Bei mir gibt es gleichberechtigt viel zu lachen für Frauen und für Männer. Und neben Viagra fürs Herz ist das auch der aufregendste Abend zum Thema Liebe, den man außerhalb seines eigenen Schlafzimmers erleben kann. Da fühlen sich doch hoffentlich auch viele Männer angesprochen!
Im Buch erzählst du auch persönliche Geschichten aus dem Familienleben usw. Wird auch das Programm so persönlich sein?
Unbedingt. Ich bin der Meinung, gute Comedy braucht eine gewisse Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit. Deswegen sind meine Geschichten nicht privat, aber persönlich. Nur dann ist es lustig. In einer Geschichte erzähle ich von einem Geburtstagsgeschenk für meinen Vater, mit dem ich ihm einen Lebenstraum erfüllen wollte und am Ende haben wir uns so schlimm gestritten, dass mein Vater das Geschenk nicht mehr wollte. Grade in der Familie, wo man davon ausgeht, da sei die Liebe doch Zuhause und immer verfügbar, nimmt sie oft die irrwitzigsten Umwege. Und darum geht’s. Wir teilen an dem Abend Schmerz, den Witz und die Schönheit, die alle Liebesgeschichten mit sich bringen.
Für alle, die das Buch schon kennen: Inwiefern unterscheidet sich die Show vom Buch? Oder in anderen Worten: Lohnt es sich, beides gelesen und gesehen zu haben?
(lacht) Ich wäre ja blöde, wenn ich jetzt nein sage! Aber ernsthaft: Das Buch und die Show sind tatsächlich unterschiedlich geworden. Die Show ist ja keine Lesung, sondern ein Comedyprogramm. Insofern gibt es viel Neues, auch für die, die das Buch schon gelesen haben.
Was für eine Art Show wird es denn? Stand-Up, Schauspiel, musikalisch? Ich habe gelesen, du spielst schon sehr lange Saxophon…
Ja, aber wie bei Wikipedia zu lesen ist, mache ich das nur privat. (lacht). Davon abgesehen wird es echt ein lustiger Abend. Und hinterher gehen alle raus und sagen: Liebe, ja bitte, sehr viel mehr und viel davon. Das ist jedenfalls das Ziel.
Was steht denn außer deinem Job als Liebesbotschafterin für die Zukunft auf dem Plan?
Erstmal bin ich auf Tour. Parallel plane ich eine neue Fernsehsendung, die im Herbst aufezeichnetwird. Ab dem 16. Januar läuft „Bauerfeind – Die Show zur Frau“ immer mittwochs um 22:00 Uhr beim Sender ONE.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Esther Jansen