Das Geräusch vergisst man nicht mehr, wenn man es einmal gehört hat: Mit einem satten „Peng“ trifft die Keule auf den hart geworfenen Ball und befördert ihn in einem perfekten Bogen über die Köpfe der verteidigenden Mannschaft hinweg. In der Tiefe des Spielfelds, wenige Meter vor seiner äußersten Begrenzung, kommt es jetzt auf das Timing und die Geschwindigkeit des Outfielders an: Kann er den Ball aus der Luft fangen und den Schläger damit auf die Bank zurückschicken? Fällt die Lederkugel mit den roten Nähten vor ihm auf den Boden? Oder wird sie gar für einen „Homerun“ über den Zaun fliegen? Der Spieler blickt nach oben, um die Flugbahn des Balles einzuschätzen. Dann rennt er los. Die Zeit steht still…

Urgesteine des Krefelder Baseballs: Andreas Vogt und Aurel Sturm, heute 2. und 1. Vorsitzender des Fördervereins Baseball in Krefeld e. V
„Irgendjemand im Freundeskreis brachte die Begeisterung für Baseball aus einem USA-Urlaub mit“, erinnern sich Aurel Sturm und Andreas Vogt, zwei der Gründerväter des Baseball-Sports in Krefeld, an seine Ursprünge. „Plötzlich wollte jeder seine eigene Mannschaft gründen. Es war wie ein Virus, der sich durch Cliquen-, Schul- und Stadtteilrivalität verbreitete.“ Sieben Vereine entstehen wie aus dem Nichts: die Crocodiles, Kangaroos, Bobbins, Dodgers, Foresters, Greyhounds und Capables. „Als sich die Teams zum Ligabetrieb anmeldeten, fragte sogar der Verband verwundert, was denn da los sei bei uns in Krefeld“, lacht Vogt. Die Anfänge sind bescheiden:
Logos und Trikots werden selbst entworfen, das Equipment auf gemeinsamen Fahrten in holländische Sportgeschäfte bezogen. Trainiert wird auf öffentlichen Wiesen, und statt Ligaspielen gibt es zunächst inoffizielle Stadtmeisterschaften. Aber aufgrund der schieren Menge an Aktiven lassen erste Erfolge nicht allzu lange auf sich warten. Eine Krefeld-Auswahl unterliegt auf einem internationalen Turnier nur ganz knapp dem Team des US-Stützpunkts Ramstein, das gespickt mit US-Boys wenige Wochen zuvor noch kurzen Prozess mit der deutschen Nationalmannschaft gemacht hatte.
Ende der Achtzigerjahre sind schließlich noch vier Teams übrig, von denen sich die Bobbins und die Kangaroos als die stärksten herauskristallisieren: In einem „Schicksalsspiel“ stehen sie sich 1989 gegenüber, als es um den
Aufstieg in die erste Bundesliga geht. Die Bobbins triumphieren und setzen sich für zwei Jahre in Deutschlands oberster Spielklasse fest. Höhepunkt ist eine Partie im ausverkauften Millerntor auf St. Pauli im Vorprogramm
eines Fußballspiels. Um nach dem Abstieg konkurrenzfähig zu bleiben und den gestiegenen Organisationsaufwand zu meistern – alle Aufgaben werden von den Aktiven selbst übernommen – fusionieren Bobbins und Kangaroos Ende 1992 zu den Krefeld Crows. 1995 wird an der Randstraße eine der damals schönsten Baseballanlagen in NRW eingeweiht, 1998 steigt man noch einmal kurz in die zweite Bundesliga auf. Nach den Erfolgen der Neunzigerjahre, für die auch die Junioren- und Damen-Softballteams der Crows
zuständig sind, sind die 2000er eine Zeit des Niedergangs. Verdiente Spieler hören auf, es rücken nur wenige junge nach. Zählten die Crows zu Hochzeiten allein 200 aktive Spieler in sechs Mannschaften, sind heute nur noch knapp 90 Mitglieder übrig. Das Geld, ohne das auch im deutschen Baseball längst nichts mehr geht, fehlt an allen Ecken und Enden. Aber weil ein paar „alte Hasen“ ihren Verein und die alte Leidenschaft wieder neu entdeckt haben, bewegt sich wieder etwas.

Eine der Minikrähen am Schlag
„Es begann mit einer Facebook-Gruppe, in der Fotos und Anekdoten von damals ausgetauscht wurden“, berichtet Sturm. Schnell wurde von den Ehemaligen der Wunsch nach einem Turnier geäußert, bei dem die alten Teams noch einmal gegeneinander antreten. „Die Resonanz war phänomenal. 75 alte Herren trafen sich 2016 zum Teil in eigens für diesen Anlass angefertigten Trikots und spielten die Krefelder Stadtmeisterschaft – das so genannte Old Star Turnier – aus, wie früher“, resümiert Vogt. Bei der Nachbesprechung des Events wurde von den Organisatoren eine Bestandsaufnahme erhoben. „Wir kamen zu dem Schluss, dass etwas getan werden muss, um den Baseballsport und seine über 30-jährige Tradition in Krefeld am Leben zu erhalten“, erklärt Sturm. Also wurde der Förderverein Baseball in Krefeld e. V. gegründet, mit der Nachwuchsarbeit als oberstem Ziel. Die
Resultate können sich sehen lassen: „Wir haben es in kurzer Zeit geschafft, wieder einen Jugend- und Juniorenbereich aufzubauen, und die Jugendlichen wurden im vergangenen Jahr Tabellenerster in ihrer Liga und anschließend NRW-Hallenmeister. Einmal im Jahr ermöglichen wir ihnen gegen einen geringen Unkostenbeitrag die Teilnahme an einem professionell organisierten, einwöchigen Baseballcamp in den Niederlanden. Außerdem gibt es die ,Minikrähen‘, wo Kinder von fünf bis neun Jahren an den Sport herangeführt werden. Wir stellen ihnen das gesamte Equipment zur Verfügung“, fasst Vogt zusammen. „Als einer von nur vier Vereinen in Krefeld haben wir uns als Stützpunktverein für Integration durch Sport beim Landessportbund beworben.“ Eine weitere wichtige Aufgabe des Fördervereins ist der Kontakt zu Stadt und Sponsoren. Derzeit plagt die Krähen vor allem die Sorge um ihren Platz. „Wir würden gern einige Umbau- und Modernisierungsarbeiten vornehmen, haben auch schon die Mittel dafür gesammelt, aber die Zukunft der Bezirkssportanlage ist derzeit ungewiss.“ Die Krähen hoffen darauf, dass die Randstraße erhalten bleibt. „Wir brauchen mindestens eine Fläche von zwei bis drei Fußballfeldern, um den Spiel- und Trainingsbetrieb aufrechterhalten zu können. Eine Anlage, die diese Voraussetzungen erfüllt, ist in Krefeld derzeit nicht frei“, beschreibt Sturm die vertrackte Situation.
Mit einem Klatschen fällt der Ball in den Handschuh des Spielers. Nach einem Sprint über 20 Meter hat er den Ball erreicht und kann ihn in vollem Lauf aus der Luft fangen. Die Mannschaftskameraden klatschen anerkennend. Schade, dass es nur eine Trainingseinheit der ersten Herrenmannschaft ist und kein Spiel. Das Team – eigentlich fast eine Ü-40-Mannschaft, wie Sturm und Vogt scherzen – ist im vergangenen Jahr sensationell erster der Bezirksliga geworden, musste wegen Spielermangels aber auf den Aufstieg verzichten und will sich in dieser Saison erneut behaupten. Oliver Jentges, der einstige Gründer der Bobbins, fungiert als Spielertrainer – und kümmert sich außerdem um die Minikrähen, deren Trainingseinheit gerade zu Ende geht. Hier jung, da alt: Es ist ein schönes Bild, das den Krähen Hoffnung macht: „Baseball in Deutschland ist ohne den Idealismus, die Liebe und den Einsatz der Aktiven nicht machbar“, sagt Sturm. Die Liebe hält in Krefeld jetzt fast 35 Jahre. Sie ist nicht so leicht kaputtzukriegen.
BSC Krefeld Crows e. V.
Tel.: 0178 4091178,
E-Mail: krefeldcrows@online.de,
www.krefeld-crows.de