Derzeit sitzen alle im selben Boot; die Welt steht vor einer nie dagewesenen Situation, und jeder Einzelne hat die Aufgabe, durch sein eigenes Agieren an der Bekämpfung des Coronavirus mitzuwirken. Besonders auf lokaler Ebene gilt es jetzt, nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln. Wir haben Krefelder Persönlichkeiten nach ihrer Einstellung zur aktuellen Situation befragt. Vier Perspektiven:
Frank Meyer, Oberbürgermeister
„Die Zeiten sind für uns alle sehr beunruhigend. Neben der Angst vor dem Virus fürchten Menschen um ihre Existenz und ihre berufliche Zukunft. Das empfinde ich auch persönlich als sehr bedrückend. Doch zurzeit muss der Gesundheitsschutz an erster Stelle stehen. Für uns als soziale Wesen sind die Einschnitte in die Freiheitsrechte gravierend; die Folgen für unsere Wirtschaft sind noch unübersehbarer: Trotzdem sind die meisten Bürgerinnen und Bürger einsichtig – sie verstehen, dass es jetzt und hier darum geht, eine humanitäre Katastrophe wie in Italien zu verhindern. Deshalb lautet mein Appell: Haltet euch an die Regeln, achtet aufeinander und seid füreinander da! Als Stadtverwaltung möchten wir alles dazu beitragen, die Krise so gut wie möglich zu bewältigen, ihre Folgen im Griff zu behalten und für die Bürgerinnen und Bürger verlässliche Ansprechpartner und unbürokratische Helfer zu sein. Für alle Beteiligten und für mich als Leiter des Krisenstabs ist das eine sehr intensive Zeit, weil der übliche Alltag fast komplett weggebrochen ist und das Thema Corona alles andere überlagert. Wir sind im Grunde permanent im Ausnahmezustand – das kostet Kraft, aber es setzt auch Kräfte frei. Denn wir erleben, was wir in kurzer Zeit gemeinsam auf die Beine stellen können, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Solidarität ist das Gebot der Stunde. Oder, wie Helmut Schmidt gesagt hat: „In der Krise beweist sich der Charakter.“ Wir werden diese beispiellose Krise gemeinsam bewältigen. Und wenn wir als Gesellschaft nach Corona ebenso eng zusammenstehen wie während dieser schwierigen Zeit, dann wird auch der Neuanfang gelingen.“
Heiner Kempken, Geschäftsführer Edeka Kempken
„Für uns ist die momentane Lage sehr angespannt. In den letzten Tagen und Wochen hat sich die Entwicklung immer mehr abgezeichnet, aber seit den ersten Corona-Infizierten ist hier die Hölle los gewesen. Wir haben in einer Woche mehr Ware ausgelegt, als in der letzten Weihnachtswoche – das war eine große Herausforderung für mein Team und mich. Mittlerweile ist das Chaos Routine geworden, und wir sind Herr der Lage.
Seit es die nationalen Bestimmungen gibt, ist es für uns eindeutig einfacher geworden. Wir haben klare Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, und die Kundinnen und Kunden wissen auch, wie sie sich am besten verhalten sollen. Die Menschen sind durch die neuen Regelungen nach meinem Empfinden definitiv schon ruhiger, gelassener und nachsichtiger geworden – so gewöhnen wir uns alle an die neue Situation und passen uns nach und nach an. Mir ist ganz wichtig, den Kundinnen und Kunden einen großen Dank für Ihre Wertschätzung und ihre netten Worte in den letzten Tagen auszusprechen. Auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freuen sich sehr über die Unterstützung aus der gesamten Gesellschaft. Wir wünschen uns natürlich, dass diese Einstellung auch in Zukunft in den Köpfen bleibt und auch ohne Krisenzeiten unserem Team so positiv entgegenschlägt.
Und noch eines: Wir haben in unseren großen Filialen über 32.000 Artikel – selbst, wenn die Hälfte fehlt, wird noch jeder satt. Es muss sich also niemand aus Sorge mit Hamsterkäufen eindecken oder seinen Vorratsschrank bis oben auffüllen. Wir bleiben für alle da!“
Eckart Preen, Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Krefeld
„Es ist natürlich eine nie da gewesene Herausforderung, weil diesmal nahezu sämtliche Branchen und zudem noch zahllose Kultureinrichtungen, Sportvereine etc. in Krefeld und der ganzen Welt von der Krise betroffen sind. Das führt dazu, dass ich manchmal innerhalb einer Stunde mit Vertretern aus der Industrie, dem Einzelhandel, dem Dienstleistungssektor oder einzelnen Kulturschaffenden im Gespräch bin. Das war in den ersten Tagen durchaus belastend, weil man den zuweilen verzweifelten Hilfeersuchen kaum konkrete Unterstützungsleistungen gegenüberstellen konnte, aber seit Ende März hat sich dies ja zumindest in einigen Programmen bzw. durch neue Maßnahmen geändert.
Die ganzen nächsten Monate werden durch eine erhebliche Zunahme an Fördermittel- und Krisenberatungen geprägt sein. Wir setzen jetzt verstärkt auf individuelle Firmenbetreuung. Doch auch der Bereich „Standortmarketing“ hat weiterhin gut zu tun: Wir haben allein zwischen Mitte und Ende März vier Newsletter herausgebracht und unsere eigentlich schon druckreife Zeitschrift „kreation“ auf die neue Situation hin noch einmal weitgehend überarbeitet. Außerdem haben wir binnen weniger Tage eine Aktion mit der Werbegemeinschaft rund um den „Krefelder Geschenkgutschein“ sowie gemeinsam mit mehreren Partnern eine Social-Media-Kampagne zur Reichweitensteigerung der Lieferangebote von Händlern, Gastronomen und Dienstleistern gestartet.
Niemand kann zuverlässig einschätzen, wie lange beispielsweise die Restaurants und Geschäfte, aber auch die Schulen und Kindergärten, geschlossen sein werden. Auch Letztgenanntes wird sich auf die Wirtschaft natürlich massiv auswirken, da es die notwendige Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf extrem erschwert und zahlreiche wichtige Fachkräfte in den Zwangsurlaub drängt. Die wichtigste Botschaft lautet selbstverständlich, Ruhe zu bewahren und die Gebote zu Kontaktreduzierung und zu Mindestabständen zu akzeptieren. Als Wirtschaftsförderer möchte ich die Menschen in Krefeld aber auch dazu auffordern, sich über das Bild ihrer Stadt nach der akuten Phase der Krise Gedanken zu machen – und das bedeutet selbstverständlich, ihren lokalen Händlern und Gastronomen gerade in dieser schwierigen Zeit die Treue zu halten. Mit der Gutscheinaktion und der Kampagne „heimatshoppen.kr“ machen wir den Menschen in unserer Stadt dazu auch ganz konkrete Angebote.“
Michael Grosse, Generalintendant Theater Krefeld und Mönchengladbach
„Die augenblickliche Situation hat es etwas extrem unwirklich Anmutendes. Gleichzeitig ist sie in der Wahrnehmung der Verantwortung für unser Theater immens stressbehaftet – fast mehr, als würde der normal anstrengende Alltag laufen. Es gilt so viel zu bedenken, was neu auf einen einströmt: täglich, manchmal sogar stündlich. Die Beschäftigten dürfen nicht fahrlässig dem Infektionsrisiko ausgesetzt sein, und dennoch müssen interne – und insbesondere auf die Nach-Corona-Zeit gerichtete – Betriebsabläufe am Leben gehalten werden. Wir werden – wie alle – ständig nachjustieren müssen, gemäß den Vorgaben des Robert Koch Instituts und deren kommunaler Umsetzung. Dazu sind wir auch im ständigen Austausch mit unseren Gesellschaftern. Prinzipiell sehen wir uns in der Lage, sehr schnell wieder spielfähig zu sein. Wichtig ist es, die Balance zu halten, zwischen den tagesaktuell anstehenden Entscheidungen, die die Corona-Krise von uns allen verlangt und dem, was von uns allen in der Zeit danach erwartet wird. Jede Entscheidung ist von ihrer Auswirkung in mehreren Monaten her zu betrachten und zu treffen. Dazu bedarf es viel Kommunikation und natürlich Optimismus.
Wir alle müssen daran arbeiten, dass das, was für uns das Leben in Krefeld lebenswert macht, in seiner Grundsubstanz erhalten bleibt. Ich empfinde es als sehr hilfreich, was diesbezüglich seitens unserer Stadtspitze entschieden, überlegt und in Aussicht gestellt wird. Es geht um solidarisches Handeln, es geht um Empathie und irgendwann auch um die substanzielle Reflexion all dessen, was in Corona-Zeiten mit uns allen geschehen ist und welchen Umdenkens es in der Zukunft von uns allen bedarf, um gesamtgesellschaftlichen Gefährdungen besser gewappnet begegnen zu können.“