Wie stellt man eine schlagkräftige, konkurrenzfähige Sportmannschaft zusammen, wenn man nicht die finanziellen Mittel für die ganz großen Stars hat? Begnügt man sich mit den Spielern, die einem die Branchen- führer übriglassen oder sucht man die Stars von Morgen einfach ganz woanders? Billy Beane, Manager des Baseball-Profiteams der Oakland Athletics, tat genau das, machte aus der Not eine Tugend, fand neue Methoden, die Statistiken zu analysieren und Spieler zu bewerten und revolutionierte so den Baseballsport. Im Hollywood-Film „Moneyball“ verkörpert Brad Pitt den findigen Manager.

Auf den Film angesprochen, leuchten die Augen von Matthias Roos, Sportdirektor und Geschäftsführer der Krefeld Pinguine. Wie sein amerikanisches Pendant muss auch er Jahr für Jahr eine konkurrenzfähige Truppe zusammenstellen, ohne dafür allzu tief in die Tasche greifen zu können. „Ein Verein wie Adler Mannheim verfügt mittlerweile über das Sechsfache unseres Budgets“, berichtet er. „Wenn die ihre Schatulle öffnen, können wir nicht mithalten.“ Trotzdem ist er der Überzeugung, für die kommende Saison über den stärksten Kader seit Jahren zu verfügen. „Einen Top-Spieler wie Jacob Berglund, der in der vergangenen Saison mit 32 Toren Torschützenkönig wurde, werden wir zwar nicht ersetzen können“, räumt er ein, „aber wir haben uns dafür in der Breite verbessert. Die Tore, die Jacob für uns erzielt hat, wird das Team in dieser Saison im Kollektiv schießen.“

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Geschäftsführer und Sportdirektor Matthias Roos will in die Playoffs

Viel wird auch davon abhängen, wie der neue Torhüter Jussi Rynnäs einschlägt. Kann er der wichtige Rückhalt oder gar eine neue Identifikationsfigur wie einst Karel Lang werden? „Jussi ist ein Top-Torhüter, dessen Erfahrung und Klasse uns weiterhelfen werden“, weiß Roos, aber auch, dass die Performance von vielen Faktoren beeinflusst wird. Dass Ilia Proskuryakov die großen Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, im vergangenen Jahr nicht erfüllen konnte, lag ganz gewiss nicht an mangelnder Klasse: „Ilias Familie bekam leider keine Ausreisegenehmigung und musste in zurückbleiben. Das hat ihm hier schwer zu schaffen gemacht und ihn in seinem Leistungsvermögen beeinträchtigt“, zeigt Roos Verständnis. „Die Zeiten, in denen ein Torhüter 90 Prozent der Spiele absolvierte, sind eh vorbei. Man braucht heute ein ausgewogenes Torhüter-Duo. Das haben wir mit Jussi und Dimitri Pätzold.“

„ALS KLEINER, FAMILIÄR GEFÜHRTER VEREIN HELFEN WIR UNSEREN SPIELERN, WO WIR KÖNNEN. SIE WISSEN DIESES ENGAGEMENT ZU SCHÄTZEN, UND WEIL SIE SICH BEI UNS WOHL FÜHLEN, SIND SIE AUCH BEREIT, EINBUSSEN BEIM GEHALT IN KAUF ZU NEHMEN.“

Ein Stück Ungewissheit bleibt immer: Fühlt sich der Spieler wohl in Krefeld? Harmoniert er mit seinen Teamkameraden? Verinnerlicht er die Taktik des Trainers? Roos’ Aufgabe ist es, das Risiko durch ein umfassendes Scouting zu minimieren. „Ich habe in der Szene viele gute Kontakte, Spieler und Trainer, mit denen ich regelmäßig telefoniere. Wenn ich mich dort nach einem für uns interessanten Spieler erkundige, bekomme ich immer eine ehrliche Antwort und kann einschätzen, ob ein Spieler auch menschlich zum Team passt.“ Interessante Spieler aus dem Ausland scoutet Roos zunächst über diverse Datenbanken. Dabei versucht er, genau jene Spieler zu finden, die ihre Stärken nicht gleich auf den ersten Blick offenbaren. Ersten Telefonaten folgt dann irgendwann ein Besuch bei einem Spiel vor Ort, etwa in den USA. Für die Kandidaten ist eine Anfrage aus Deutschland längst nichts Ungewöhnliches mehr. Sie sehen Deutschland als Sprungbrett, zum Beispiel in die russische KHL, und als Chance zur Marktwertsteigerung. Roos kann auch darauf bauen, dass sich Krefeld als Eishockeystandort bei US-Spielern einen sehr guten Ruf erarbeitet hat. „Als kleiner, familiär geführter Verein helfen wir unseren Spielern, wo wir können. Sie wissen dieses Engagement zu schätzen, und weil sie sich bei uns wohl fühlen, sind sie auch bereit, Einbußen beim Gehalt in Kauf zu nehmen.“

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Ob ein Team erfolgreich ist, hängt auch davon ab, wie gut es die Spielidee des Trainers verinnerlicht hat

Die Spannung vor dem Saisonstart am 15. September ist groß, nicht nur bei den Fans, die die Mannschaft bei der Saisoneröffnung begeistert empfingen – und sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich wieder in die Playoffs einzuziehen. Das Minimalziel von Roos ist dementsprechend Platz 10: „Wir haben in den vergangenen Jahren eine gute sportliche Entwicklung hingelegt, und auch im Umfeld passt es. Wenn wir vom Verletzungspech verschont werden, können wir für eine Überraschung sorgen.“ Aber er warnt davor, die Gegner beim vermeintlich „leichten“ Saisonauftakt zu unterschätzen: „Wenn wir gegen Straubing und Augsburg verlieren, was durchaus möglich ist, sprechen gleich zum Start alle von einer Krise. Und gerade gegen Augsburg ist es immer richtig schwer …“

Für Billy Beane endete die Reise mit den Oakland A’s im Jahr 2002 zwar mit dem Aus in der ersten Playoff-Runde, aber auf dem Weg dorthin stellte das Team einen Rekord mit 20 Siegen in Folge auf. Beane ist heute immer noch bei seinen A’s und überrascht Jahr für Jahr die Experten mit seinen Underdogs. Roos hätte sicherlich nichts dagegen, es ihm gleichzutun. Und Krefeld auch nicht.

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