Nachwuchsgourmets auf Frühstücksmission

 

Eine kleine Gruppe Kinder in bunten Anoraks und festen Schuhen versammelt sich im Eingangsbereich ihrer Tageseinrichtung – im Schlepptau ein Bollerwagen und im Bauch offenbar eine Menge Vorfreude. „So, wisst ihr alle noch, wo wir jetzt hingehen?“, fragt Erzieherin Lena Lorenz. „Zum Markt!“, ertönt es begeistert aus sieben Mündern. Lorenz und ihre Kollegin Renate Iffland geben den Kleinen noch letzte Anweisungen zum Verhalten im Straßenverkehr, dann schwingt die große Glastür des Gebäudes auf, und die Ausflügler marschieren, in händchenhaltenden Zweierreihen, hinaus auf die noch regennasse Straße der herbstlichen Krefelder Innenstadt.

Tanja Kirsch-Boy leitet die Krefelder Kindertafel
ehrenamtlich seit Anfang 2019

Die Gruppe darf heute zum zweiten Mal auf den Westwall-Markt und zu Ullrich Brot spazieren, um dort Zutaten für eine gesunde Mahlzeit einzukaufen und dabei neue Obst-, Gemüse- und Gebäcksorten kennenzulernen. Ermöglicht wird das Projekt „Powerfrühstück“ von der Krefelder Kindertafel unter Federführung von Tanja Kirsch-Boy. Auch sie ist heute mit von der Partie, um die Kinder bei ihrem Erkundungsgang zu begleiten und Organisatorisches mit den Anbietern zu regeln. Seit dem Ausstieg ihrer Vorgängerin und Gründerin der Kindertafel, Liesel Ploenes, Anfang 2019 ist die Krefelderin hauptverantwortlich für die Versorgung von rund 60 Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet.

Die bunte Truppe ist inzwischen beim ersten Marktstand angekommen. Nun soll erst einmal Gemüse gekauft werden. Geduldig erklären die Erzieherinnen ihren Schützlingen die verschiedenen Sorten und fragen ab, was sie ihnen beim letzten Marktbesuch bereits erklärt haben. Kichernd und fasziniert beobachten Celine, Eva, Mereym, Shriashi, Linus, Lord und Jusef die Verkäuferin beim Abwiegen und Einpacken von Kartoffeln und Möhren. Als sie nach einem Hokkaido-Kürbis greift, reißt Lord plötzlich die Augen auf. „Ih, das mag ich nicht“, ruft er erschrocken. „Du hast doch letzte Woche die Suppe gegessen, erinnerst du dich?“, lacht Lena Lorenz. „Da war das auch drin, und die hat dir geschmeckt.“ Der Fünfjährige überlegt kurz. Das Argument scheint ihn schließlich zu überzeugen.

„Was die Grundversorgung betrifft, ist es uns wichtig, dass die Kinder selbst nichts von ihrem ‚Sonderstatus‘ zu spüren bekommen.“

Die Initiative Krefelder Kindertafel ermöglicht nicht nur die faire Versorgung aller Kindergarten- und Schulkinder in der Seidenstadt, sondern sorgt auch für einen Teil ihrer kulinarischen Grundbildung: Die Kleinen sollen lernen, was sie essen und welche Zubereitungsmöglichkeiten es gibt und dabei im besten Fall auch mehr Offenheit für unterschiedliche Geschmäcker entwickeln. „Was die Grundversorgung betrifft, ist es uns wichtig, dass die Kinder selbst nichts von ihrem ‚Sonderstatus‘ zu spüren bekommen“, erzählt Tanja Kirsch-Boy. „Es sollen alle gleich viel haben. Dafür sorgen wir, indem wir zum Beispiel den Elternanteil für die warmen Mahlzeiten betroffener Kinder übernehmen. Aber darüber hinaus ist es uns auch wichtig, dass die Kleinen
möglichst viel über die Möglichkeiten guter Ernährung lernen. Deshalb starten wir nach und nach verschiedene Projekte, die nicht nur der Versorgung, sondern auch der Bildung dienen. Das „Powerfrühstück“ ist eines davon.
Ab 2020 möchte ich außerdem mit ein paar Einrichtungen das Thema Gemüseanbau und Selbstversorgung angehen, damit die Kinder noch näher am Erzeugnis sind und selbst Gemüse anpflanzen können.“

Obst und Gemüse finden bei den Kindern großen Anklang – besonders die frischen Äpfel direkt vom Obsthof

Nach dem Gemüse muss auch Obst in den Bollerwagen. Bei einem anderen Anbieter kaufen die Kinder mit ihren Erzieherinnen Beeren und Äpfel ein. Einige Schalen Himbeeren sowie eine große Tüte saftig süße „Galas“ landen
im Bollerwagen – natürlich erst nach einer eingehenden Geschmacksprobe. Fröhlich knabbern die Kinder an den saftigen Apfelstückchen, die ihnen Renate Iffland abschneidet. Ein kollektives „Hmmm“ läuft durch die Reihen
der kleinen Testesser.

Die Traditionsbäckerei Ullrich hat sich bereit erklärt, die Kindertafel beim Projekt Powerfrühstück zu unterstützen, sowohl in Sachen Versorgung als auch mit spannenden Einblicken in den Bäckereialltag. Das Unternehmen arbeitet noch ganz traditionell und ohne chemische Zusätze – perfekte Voraussetzungen für das gesunde Frühstück der Kinder. Vom Markt aus geht es also weiter auf die Breite Straße. Im warmen Inneren des kleinen Geschäfts empfängt Chefin Oxana Ullrich persönlich die neugierigen Besucher und beginnt, der Truppe den Bäckerberuf und alle wichtigen Verhaltensregeln beim Einkauf zu erläutern. „Zuerst kommt man herein und sagt guten Tag, und dann wird man gefragt, was man kaufen möchte. Habt ihr euch schon entschieden?“, fragt sie. Überwältigt von der satten Auswahl hinter der Theke drücken sich die Kinder ihre Nasen an der Scheibe vor der Auslage platt und klopfen mit den Fingern auf das Glas. Besonders die süßen Teilchen voller Guss und Puderzucker haben es ihnen angetan. Die werden heute allerdings nicht gekauft. Schließlich soll am Ende nur Gesundes im Bollerwagen landen; deshalb wählen die Erzieherinnen zwei große Laibe Vollwertbrot. Von Frau Ullrich gibt es dann allerdings doch noch eine süße Belohnung: Croissants und Kekse haben einen erstaunlichen Effekt. Wie durch Zauberhand verebbt das Getuschel der quirligen Truppe in eine zufriedene Stille. „Ok, dann nehmt euch mal wieder an der Hand. Wir gehen jetzt wieder zurück“, weist Lena Lorenz die Kinder ein, die sich erneut brav zu Zweierreihen zusammenfinden. „Ach, ich liebe Markt“, ruft die sechsjährige Eva glücklich, als die Pärchen nacheinander zurück auf die Straße hinausspazieren.

Zurück in der KiTa versammeln sich die „sieben Zwerge“ noch zu einer kurzen Nachbesprechung mit ihren Erzieherinnen in der kindgerechten Küche er Einrichtung. Dann verabschieden sich die Kleinen mit einem gutgelaunten „Tschühüüüss“ erst einmal in ihre wohlverdiente Spielpause. Tanja Kirsch-Boy schaut die Kinder lächelnd an. „Ich finde das super, wie begeistert und interessiert sie sind. Das hat heute wirklich gut geklappt“, resümiert sie zufrieden. Die Kindertafel leistet einen relevanten Beitrag in einer Zeit, in der eine Sensibilisierung des Nachwuchses für lokale, gesunde und nachhaltig erzeugte Produkte wichtiger ist, denn je. Nicht allein zum Wohle der Umwelt, sondern auch für die Gesundheit der Kinder selbst.

 

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