Der Mensch umgibt sich gerne mit Schönem, sammelt Erinnerungen, drückt seine Persönlichkeit in der Gestaltung der häuslichen Umgebung aus: Bilder sind das Mittel der Wahl, und das schon seit Jahrhunderten. Jedoch haben sich Wertung und Zugänglichkeit künstlerischer Erzeugnisse über die zurückliegenden Jahrzehnte gewandelt. Poster, Kunstdrucke und günstige Rahmen sind online allgegenwärtig und schnell bestellt; bunte Masse hat limitierte Klasse abgelöst. Diesem allgegenwärtigen Billigtrend setzen Bettina Liebsch und ihre zwei Mitarbeiterinnen in der „Kunsthandlung Steinbach“ Qualität und Individualität entgegen.

 

Wer die Rheinstraße zwischen Philadelphia-Kreuzung und Ostwall entlangspaziert, passiert auch die zwei großen in goldig schimmerndem Metall eingefassten Schaufenster des Krefelder Traditionsgeschäfts. Unter der
Woche erhascht der neugierige Bummler durch die Frontscheibe der Werkstatt leicht einen Blick auf Inhaberin Bettina Liebsch und ihre zwei Mitarbeiterinnen, wie sie an einem gigantischen Arbeitstisch konzentriert messen,
schneiden und kleben. Der Betrieb existiert bereits seit dem Jahr 1905. Max Steinbach gründete damals die Einrahmungs- und Vergoldungswerkstatt mit Kunsthandlung, die fortan drei Generationen lang im Familienbesitz blieb. Seit rund 18 Jahren führt Kunsthändlerin Bettina Liebsch das Geschäft, in dem sie 1991 ihre Ausbildung abschloss. Seit ihrer Übernahme hat die kreative Krefelderin das Angebot des Unternehmens mit Ausstellungen und Veranstaltungen ergänzt.

Das Leistungsportfolio des kleinen Teams beinhaltet neben dem Verkauf ausgewählter Bilder, Drucke, Skulpturen und Postkarten auch Restauration und Rahmung sowie das traditionelle Vergolderhandwerk, das das Team in Krefeld einzigartig macht. „Es gibt deutschlandweit meines Wissens nur noch eine Vergolderschule, die ist in München. Entsprechend sind Fachkräfte in diesem Bereich rar“, weiß Bettina Liebsch und erläutert: „Wenn wir einen Zierrahmen herstellen, dann ist das Ziel die Gehrung – also die Stelle, wo die Schräghölzer der einzelnen Rahmenseiten aneinander geleimt sind – verschwinden zu lassen. Die sogenannte limentvergoldung, die wir hier vornehmen, ist ein zwölf- bis vierzehnschrittiger Prozess.“ Der Rahmen wird zunächst mehrmals grundiert, danach geschliffen und mit farbigem Poliment versehen, das später als Träger des Blattgoldes dient. Dieses wird mithilfe spezieller Achat-Poliersteine geglättet. Je nach Wunsch kann die Goldschicht eicht durchgerieben werden, was dem Rahmen einen antiken Touch verleiht. Durch eine spezielle Lasur kann dieser zusätzlich verstärkt werden. Alternativ zur Vergoldung mit Echtgold ist auch die Verarbeitung von Schlagmetall
möglich. „Den Glanz von Gold kann man allerdings mit keinem Material imitieren“, findet Bettina Liebsch. Die Rahmen der Kunsthandlung werden aus verschiedenen Echthölzern hergestellt und auf Wunsch veredelt. Aus konservatorischen Gründen nutzt das Team ausschließlich säurefreie Materialien. „Unsere oberste Prämisse ist, dass Bild und Rahmen eine Einheit ergeben. Dazu gehört eine exakte Passung, aber auch die sorgsame Abstimmung von Stil, Farbe und Materialien“, erklärt die Inhaberin.

„Es muss mich berühren. Obwohl ich den Job schon lange mache, gibt es durchaus noch Momente, wo ich beim Anblick eines Bildes ein leichtes Kribbeln verspüre, weil ich es außergewöhnlich finde.“

Wer von der Werkstatt aus ein Fenster weiter schlendert, steht vor der Tür der Kunsthandlung, wo Bettina Liebsch sorgsam ausgewählte Originalarbeiten und Drucke verschiedener lokaler und überregionaler Künstler ausstellt. An der rückwärtigen Wand des schlichten weißen Verkaufsraums prangen akkurat platziert etliche Rahmenmusterstücke – schwarze, goldene und mehrfarbige, schmal und zurückhaltend oder breit und opulent. Im vorderen Bereich lehnen und hängen gut zwei Dutzend Bilder an den Wänden und in Staffeleien. Hier und da durchbrechen kleine Statuen und Holzskulpturen, bunte Postkartenständer und ein Poster-Display die Ausstellung. Neben bekannten Namen stößt man hier auch auf echte Geheimtipps. Was in der hauseigenen Galerie gezeigt wird, ist nicht vom Bekanntheitsgrad des Künstlers, sondern von der Wirkung des Werkes abhängig. „Ich habe schon einen ästhetischen roten Faden. Für mich muss eine hohe Qualität erkennbar und eine Ernsthaftigkeit spürbar sein“, beschreibt Bettina Liebsch. „Es muss mich berühren. Obwohl ich den Job schon lange mache, gibt es durchaus noch Momente, wo ich beim Anblick eines Bildes ein leichtes Kribbeln verspüre, weil ich es außergewöhnlich finde. Dann weiß ich, dass es in unsere Galerie passt.“ Entsprechend ist die Auswahl der Kunsthandlung ausgesucht und vielseitig. Vom hypnotisierend-gelben Äquivalent eines Yves Klein-Blau über minimalistische Tuschearbeiten bis hin zu lebhaften Tiermotiven in Ölkreide sind verschiedenste Stilrichtungen vorhanden, die das Auge des Betrachters mal mit zurückhaltendem Minimalismus, mal mit verspielter Farbigkeit fesseln.

Während der Sinn für Qualität und Individualität in der allgegenwärtigen Waren- und Informationsflut unterzugehen droht, erinnern Menschen wie Bettina Liebsch daran, dass Bilder kleine Schätze sind, Erinnerungsträger, Spiegel unseres Charakters – und dementsprechend wertvoll. Wer beim nächsten Gang über die Rheinstraße wieder einmal einen Blick auf die kleine Ausstellung erhascht, ist herzlich eingeladen, einmal in Ruhe durch die liebevoll zusammengestellte Bildauswahl zu stöbern. „Manche Leute scheuen sich davor, eine Kunsthandlung aus reiner Neugier zu betreten. Das muss aber nicht sein. Einfach reinkommen!“, ermuntert Bettina Liebsch.

 

Kunsthandlung Steinbach
Rheinstraße 34, 47799 Krefeld

Öffnungszeiten: Mo, Mi, Do, Fr 9:30-13 Uhr, 14:30-18:30 Uhr, Di 9:30-13 Uhr, Sa 10-14 Uhr
Telefon: 02151-26534

www.kunsthandlung-steinbach.de