Wenn die Ladentheke aus dem Jahr 1968 mit der zitronengelben Front und der abgegriffenen dunkelbraunen Resopalplatte erzählen könnte, würde sie berichten von Kinderhänden, die hier früher ein paar Pfennige für Lutscher und Mäusespeck hinlegten. Von älteren Frauen, die schnell noch ein Päckchen Saucen-Binder für die Zubereitung ihres Kohlrabigemüses brauchten und von Männern, die samstags Hausmacherleberwurst und Metzgerkochschinken fürs Wochenende holten. Heute wird hier in Cent und Euro bezahlt. Aber das ist auch schon der einzige Unterschied zum Einkauf vor fast 50 Jahren bei Lebensmittel Schroers.

Gundi und Johannes Schroers: „Wir kommen jeden Morgen gerne ins Geschäft,
weil unsere Kunden immer wieder neue Geschichten mitbringen und weil unsere
Arbeit durch das immer wechselnde Angebot sehr abwechslungsreich ist.“
1975 hat Johannes Schroers (64) mit seiner Frau Gundi (60) das elterliche Geschäft an der Ecke Langendonk/Fungendonk in Oppum übernommen. Der gelernte Einzelhandelskaufmann und die Betriebswirtin, die im mütterlichen Lebensmittelgeschäft in Gelsenkirchen ihre Ausbildung absolviert hat, machten den Milchhandel von Karl und Anna Schroers, der anfangs noch mit Pferd und Wagen auslieferte und später zu einem Lebensmittelladen vergrößert wurde, zu einer Institution. Trotz naher Konkurrenz durch die umliegenden Supermärkte floriert das 100 Quadratmeter große Ladenlokal, das in jeder Ecke den Charme der Sechziger Jahre versprüht. Über vier breite, ausgetretene Steinstufen kommen die Kunden durch die alte Doppelglastüre mit dem Eingang rechts und dem Ausgang links täglich „zu Johannes“. Diese Bezeichnung sagt viel aus über eine jahrzehntelange freundschaftliche Bindung, die die Kunden zu den Inhabern pflegen. „Sie lieben unseren kleinen Laden“, sagt Gundi Schroers und hat damit schon das Alleinstellungsmerkmal ihres kleinen Unternehmens beschrieben. Konkurrenz kennt man nicht, denn das Konzept ist so einfach wie einmalig.
Wo gibt es schon auf engstem Raum frisches Obst und Gemüse, besten Metzgeraufschnitt vom Roastbeef bis zum Schweinebraten, Kuchen (der Renner sind Nussecken), Molkerei- und Tiefkühlprodukte, Süßigkeiten von der Brausestange bis zum Esspapier, Spirituosen, Zeitungen, Balkonpflanzen und Hygieneartikel inklusive der einzelnen Toilettenpapierrolle? Auch Lesestoff wie „Der Geisterjäger“ von John Sinclair und Paninibilder für die Fußballeuropameisterschaft füllen die Regale. Was nicht da ist, wird besorgt, wie kürzlich die Möbelpolitur oder auch schon mal ein großes Vogelhaus.
Alle frischen Waren kommen aus der direkten Umgebung: von befreundeten Tönisvorster Obstbauern, der Metzgerei Pesch, der Bäckerei Wellmanns. Mit blitzenden Augen und sehr bildhaft umschreibt Johannes Schroers die Frischegarantie der Produkte: „Bei uns darf jedes Kind beherzt in die Obstkisten greifen.“ Gemeinsam mit Mitarbeiterin Britta Seeland ist er täglich im Laden und übernimmt auch die Buchhaltung. Ehefrau Gundi hat in den vergangenen Jahrzehnten den Partyservice mit zwei festen Angestellten und Servicekräften aufgebaut. Bis zu 500 Personen können gleichzeitig bewirtet werden. Wenn samstags der Laden schließt, ist Johannes Schroers oft schon unterwegs zu den Kunden: mit Bierwagen und Zapfanlagen, Partyzelten und Bierzeltgarnituren. Und manchmal auch mit einem Sack Blumenerde. Die bringt er auf seinem Weg einfach der älteren Kundin aus der Nachbarschaft vorbei, die nicht mehr so schwer tragen kann.
Die Bereitschaft, immer für die Kunden da zu sein, die Vielfalt der Produkte aus einem großen Netzwerk ausgesuchter Händler und der nachbarschaftliche Austausch von Neuigkeiten im Geschäft, das sind die besonderen Merkmale eines Geschäftsmodells, das nicht durch ein ausgeklügeltes Marketingkonzept entstand, sondern durch eine jahrzehntelang gelebte Kundenbindung und stetiges Servicedenken erfolgreich wurde. Kein Wunder, dass die Klientel zu 90 Prozent aus Stammkunden besteht. Dazu gehören alteingesessene Oppumer, zugezogene Familien aus allen sozialen Schichten und Bauarbeiter, die sich auf die deftig belegten Brötchen freuen.
Stolz sind Gundi und Johannes Schroers auf 12 Auszubildende, die im Laufe der Jahre ihre Prüfung zum Lebensmittelkaufmann bzw. zur Lebensmittelkauffrau mit Bravour bestanden haben. Dazu gehört auch Lokini Rameskumar, Inhaberin vom indischen Restaurant Namaste aus Krefeld. „Sie begrüßt uns noch heute als ,Chef‘ und ,Chefin’“, schmunzeln ihre ehemaligen Ausbilder. Denken die agilen Inhaber denn schon an Ruhestand? „Solange uns die Arbeit Spaß macht und leicht fällt, machen wir weiter“, sagt Johannes Schroers. Wenn dann doch in drei, vier Jahren die Ladentüren am Fungendonk für immer schließen, öffnen sich für Gundi und Johannes Schroers neue Möglichkeiten: für ein intensiveres Zusammensein mit ihren drei Töchtern, den Schwiegersöhnen und den neun Enkelkindern. Für einen endlich mal gemeinsamen Skiurlaub. Für ein ausgedehntes Entspannen in ihrem wunderschönen parkähnlichen Garten am Langendonk. Und das Fleisch und Gemüse auf dem Grill kommt dann wie heute von den befreundeten Händlern aus der Region.
Lebensmittel Schroers, Fungendonk 5 A, 47809 Krefeld-Oppum,
Telefon: 02151-540652, Öffnungszeiten: montags bis freitags 7.30 -13 Uhr,
dienstags bis freitags 15-18 Uhr, samstags 7.30-13 Uhr.
Montagnachmittag geschlossen.