Fast genau zwei Jahre sind seit unserem ersten Besuch bei Professor Gerhard Fabritz in Bockum vergangen. Damals gewährte uns der Inventor, dessen Lebenswerk bereits mehr als 400 nationale und internationale Patente umfasst, spannende und ehrliche Einblicke in seinen ungewöhnlichen (Arbeits-)Alltag, die uns mit großem Staunen zurückließen. Verändert hat sich seitdem nicht viel, zumindest optisch: Der 82-Jährige scheint um keinen Tag gealtert, die ordentliche Altbauwohnung mit mehreren vollausgestatteten Arbeitsplätzen zeugt noch immer von Disziplin und Schaffenskraft, als wir ihn Mitte Juni dieses Jahres besuchen. Nur die Zahl seiner Erfindungen ist gewachsen. Seit einiger Zeit versucht der Wahlkrefelder, der sich hauptsächlich mit Zukunftsforschung und Umweltthemen befasst, auch die Jüngsten in sein Schaffen mit einzubinden: Im Rahmen einer engen Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Fabritianum hat Fabritz ökologische Kinderlernbücher entwickelt, deren Inhalte den bewussten Erwachsenen von morgen prägen sollen.

Prof. Gerhard Fabritz
Als Visionär und Self-Made-Unternehmer legt Gerhard Fabritz großen Wert darauf, Heranwachsenden mit seinen Büchern nicht nur einen interessanten Lesestoff, sondern konkrete Inspiration und Anstöße zum eigenständigen Weiterdenken und -lernen zu geben. In der heutigen Zeit ist „echtes Wissen“ ein gefährdetes Gut: Dank Google und Co. sind Informationen zwar überall zugänglich, bleiben aber immer weniger hängen, geschweige denn, dass theoretisch Erlerntes in die Praxis umgesetzt würde. Durch die schnelle Informationsverfügbarkeit gewöhnen sich Kinder mehr und mehr daran, für minimalen Lernaufwand eine sofortige Belohnung zu erwarten. Experten wie Prof. Dr. Rudolf Kammerl vom Lehrstuhl für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik an der Uni Erlangen-Nürnberg beispielsweise rufen dazu auf, dass Schulen Kinder und Jugendliche zu einer selbstbestimmten Lebensführung befähigen sollten, indem sie sie dabei unterstützen, die mediatisierte Gesellschaft bewusst zu reflektieren und sie dazu motivieren, selbst schöpferisch tätig zu werden.
Aufklärung in Grün
Diesen Ansatz verfolgt auch Gerhard Fabritz. „Ich mache Zukunftsforschung – da können Sie mit Wikipedia nichts anfangen. Die digitalen Informationsquellen an sich sind gut, aber sie sollten die Basis sein zum Weiterdenken. Mein Anliegen für die Bücher ist, den Wissensdurst, die Kreativität und alles, was damit zusammenhängt, zu stärken“, beschreibt der Pensionär, während er auf seinem großen dunklen Sofa an einem sorgsam gedeckten Kaffeetisch sitzt. Darauf liegt sein erstes klimaneutral produziertes Kinderbuch mit braunem Ringbeinband, daneben die zugehörigen CDs. „Dieses Buch habe ich gemeinsam mit einer Klasse des Fabritianums gestaltet. Eines Tages bekam ich ein Schreiben von Herrn Tillmann, der von mir gelesen hatte und mich fragte, ob man sich nicht kennenlernen wolle. Ich habe dann die Inhalte vorgegeben, und die Klasse von Herrn Mühle, der sich sehr für seine Schüler engagiert, hat dazu passende Bilder gemalt.“
„Ich möchte die Biowelt verständlich erklären und dafür sorgen, dass die Kinder sich gerne damit beschäftigen.“
Wichtig ist Fabritz, die Inhalte auf konstruktive Weise zu vermitteln. „Man kann nicht einfach mit dem Holzhammer durch die Gegend laufen. Ich möchte die Biowelt verständlich erklären und dafür sorgen, dass die Kinder sich gerne damit beschäftigen“, erläutert der zweifache Vater, dessen eigene erwachsene Kinder bereits den Familienbetrieb GeFa Fabritz GmbH für Garten- und Landschaftsbau-Spezialprodukte übernommen haben.
Die Protagonisten seiner Werke für Kinder von drei bis sieben Jahren sind Erdmännchen, die sich in der „Biowelt“ mit unterschiedlichen Themenbereichen befassen. In der ersten Ausgabe geht es um pestizidfreien Obstund Gemüseanbau. „Erdmännchen sind Sympathieträger. Sie erklären den Kindern die Abläufe auf Augenhöhe, kindgerecht wissenschaftlich. Zum Beispiel, wie Humus entsteht“, beschreibt Fabritz, dessen Serie sich auch mit Bienen, dem Baum als Lebensspender, den Meeren und unserem wachsenden globalen Müllproblem beschäftigt. Einige Bände sind bereits auf CD erschienen. Bevor Fabritz jedoch weitere Geschichten in Druck gibt, möchte er zunächst austesten, wie die erste Ausgabe angenommen wird. „Das ist nicht so einfach, weil sich viele junge Eltern nicht mehr die Zeit nehmen, sich gemeinsam mit ihren Kindern solchen Dingen zu widmen. Stattdessen heißt es ‚Hier, nimm mal dein Tablet‘. Hintergrund meiner Bücher ist aber, dass der gelesene oder vorgelesene Text kreativ umgesetzt wird“, erklärt Fabritz. Zu diesem Zweck finden die jungen Leser viele Malaufgaben in dem Buch, sodass die eigene Vorstellung festgehalten wird und jedes Buch am Ende einen individuellen Touch erhält.

Die Bücher des Inventors wurden von Schülern des Fabritianum illustriert
Zukunft denken – Lebensraum gestalten
Fabritz, der nach eigenen Angaben seit über 20 Jahren als Innovationsberater für verschiedene Hochschulen tätig ist, hat in Anknüpfung an das Buchprojekt bereits weitere Aktionen mit dem Schülern des Gymnasiums
ins Leben gerufen. Mithilfe eigens entwickelter Kapillar-Düngesysteme konnte die Klasse vergangenes Jahr bereits erfolgreich neue Beete im Schulgemüsegarten anlegen. Ein Beitrag darüber ist beim MDR erschienen.
Künftig wird er sich mit den Jugendlichen um eine urbane Lichtmastbegrünung kümmern. Hinter diesem Engagement steht eine klare Vision. „Zukunftsforschung ist für mich das Wichtigste. Mein Ziel ist es, dass jeder
sich unabhängig selbst mit Obst und Gemüse versorgen kann und das Thema mehr Aufmerksamkeit bekommt. Am 3. Mai haben wir alle Ressourcen für 2020 verbraucht. Das wird so nicht lange funktionieren. Mit
der Technik, die wir haben, verbrauchen wir das, was die Natur uns zur erfügung stellt, immer schneller. Und wir haben zu viele Trumps. Die Politiker sind so sehr auf sich fokussiert, dass sie sagen: ‚Wir halten das durch
und dann schauen wir mal‘. Wir müssen aber selbst etwas machen, damit es uns weiter gut geht“, erklärt der Pensionär energisch. „Ich bin kein Schwarzmaler. Wir haben eine ganz hervorragende Zukunft, wenn wir die
Fehler beseitigen. Die Voraussetzungen sind da, wir müssen nur richtig handeln.“ Auf der Website „BodenWasserGrün“ finden Eltern und Kinder Anregungen für den eigenen Garten.
Für seine eigene Zukunft ist Fabritz zuversichtlich. Er habe ja noch einige Jahre Zeit, die werde er noch bestmöglich nutzen. Mit dem Entwickeln aufzuhören, ist für den 82-Jährigen undenkbar. „Das kann ich nicht. Ich habe um die 50 Bücher im Kopf, die ich schreiben müsste“, lacht der sympathische Umweltaktivist, der auch noch darauf wartet, einige bestehende Ideen für eine ökologischere Welt endlich umsetzen zu können. „Ich befasse mich stark mit urbaner Begrünung; das wird in Zukunft immer wichtiger werden. Und ich habe ein Synergiehaus entwickelt, das energieautark ist, Wasserstoff herstellen kann und eine eigene Windkraftanlage hat, die nachts arbeitet“, berichtet Fabritz. Weitere Schulprojekte wird der Pensionär erst einmal nicht angehen – das werde irgendwann zu viel. Nun bleibt abzuwarten, ob der Anstoß des Inventors aufgenommen wird und viele
Kinder einen gesunden Umgang mit Natur und Konsum vorgelebt bekommen – da sind jetzt die Erwachsenen gefragt.
www.boden-wasser-gruen.de, www.gefafabritz.de
Das Buch „Die Erdmännchenfamilie in der Biowelt – Bio-Obst und Bio-Gemüse ohne Pestizide“ ist in der Bockumer Buchhandlung – Uerdinger Str. 608610, 47800 Krefeld – und unter www.bodenwasser-gruen.de/shop erhältlich. Hier finden Sie auch eine Vorschau der Buchinhalte sowie eine Auflistung der CDs.