GASTRO-TIPP: Restaurant Korff – Zwischen Flönz und Beef Tataki

Tritt man über die Schwelle des weiß geschlämmten Backsteinbaus aus dem Jahr 1792 mit seinen Sprossenfenstern, stellt sich sogleich eine Wohlfühl-Atmosphäre ein. Über hundert Lieblingsplätze in drei geschmackvoll-dezent eingerichteten Gasträumen, im familiären „Korff-Zimmer“, an der Bar und auf der windgeschützten Terrasse laden ein zu einem Ausflug ins neue alte Restaurant Korff. 

Restaurant Korff -Inhaber

Am Eingang empfängt Geschäftsführer Matthias Cantow (39) im lässig-schicken Pullover jeden Gast. Sein kräftiger Händedruck und der offene Blick aus freundlichen Augen verraten: Hier wird ein Gastro-Konzept verfolgt, zu dem mehr gehört als eine hervorragende Küche. „Meine Vision war es schon immer, ein Restaurant zum Wohlfühlen zu schaffen“, sagt Cantow. Aus heutiger Sicht scheint sein Werdegang unweigerlich ins neue Korff geführt zu haben. Als Jugendlicher hat Michael Cantow in französischen Surfcamps gekocht, eine Ausbildung zum Koch im Seidler-Park-Hotel Solingen gemacht und einen Szeneclub in Düsseldorf gegründet. Nach dem Zivildienst in einem Altenheim lernte er im renommierten Frankfurter Unternehmen „Schüler I Presinger I Nierhaus –Consulting“ Gastronomie von der Pike auf. Dann der Umzug nach Hamburg. Hier hat er das damalige Start-Up-Unternehmen „Samova“ fit gemacht für den Wettbewerb im nachhaltigen Tee-Markt. Es folgten Stationen als gastronomischer Leiter bzw. Restaurantleiter in den exklusiven Läden IndoChine, Marlin und zuletzt bei Sterneköchin Cornelia Poletto. Dort stieg Matthias Cantow letztes Jahr aus: „Ich wollte etwas kürzertreten und mich nur noch auf Beratungstätigkeiten bei Restaurant-Neugründungen konzentrieren.“

 

Restaurant KorffSchicksalswink zurück zum Niederrhein Dann kam er, der schicksalhafte Moment, der Matthias Cantow zurück zum Niederrhein bringen sollte. Ein Bekannter aus früheren Zeiten erzählte vom leerstehenden Restaurant Korff und brachte ihn mit Inhaber Detlef Hauffe zusammen. Die Chemie stimmte, die neuen Einrichtungs-Ideen des potentiellen neuen Pächters fanden Zustimmung, und das kulinarische Konzept „Tradition und Regionalität“ kam an. „Außerdem fand ich eine hervorragend ausgestattete Küche mit Pacojet, Thermomix und Salamandergrill vor – ein Traum für meinen anspruchsvollen und kreativen Küchenchef Georg Schumacher und seine Crew“, ergänzt der Geschäftsführer, der mit Ehefrau Antonia und Sohn Luis (3) in Bockum lebt. Seit März deutet der violette Schriftzug „Korff“ auf der Giebelwand an, dass Neues an der markanten Ecke Untergath/Kölner Straße entstanden ist. Die Bilanz nach einem halben Jahr: zufriedene „alte“ und neue Gäste, auch aus weiter entfernten Stadtteilen wie Verberg und Hüls, eine gute Zusammenarbeit mit Gemüsebauern, Metzgern, Bäckern und Weinhändlern aus der Nachbarschaft und ein glücklicher Geschäftsführer, der selbstbewusst beweisen will, was kulinarisch hinter dem neuen Korff steckt. Doch vor dem Blick in die Karte sollte man den Blick durch die wunderbaren Räume schweifen lassen. Hingucker im Eingangsbereich ist die Glasbild-Collage prominenter Persönlichkeiten, die schon im Korff getafelt haben, darunter Walter und Mildred Scheel. Über naturbelassene Holzdielen kommt man zum gemütlichen Barbereich aus Wengeholz und entscheidet sich dann zwischen dem Bistro- oder dem Restaurantbereich mit purpur-violetten gemütlichen Polstersesseln an blanken Tischen aus kanadischem Ahorn. Für einen Gast mit einem übergroßen Rollstuhl hat Matthias Cantow sogar eine extragroße Tischplatte anfertigen lassen. Die wird auf einen normalen Tisch gelegt, damit er mit seinem Rollstuhl bequem darunter fahren kann. Die weißen Wände über der dunklen Holzvertäfelung bekommen durch farbiges Licht schöne Akzente. Nichts soll ablenken von der bunten Vielfalt, die sich gleich auf den Tellern zeigen wird. Lediglich drei Alabasterbüsten von Gästen wie Joseph Beuys und Kaiser Napoleon sowie der allerersten Gastgeberin, Elisabeth Korff, machen ihre Aufwartung.

Speisekarte „op krieewelsch Platt“ Die Identifikation mit der Region findet sich auch in den Begrifflichkeiten der Speisekarte wieder. Beginnen wir „Van Vüere“. Der lauwarme Kartoffelsalat für 7,90 Euro bekommt durch Balsamico-Schalotten und süßen Senf eine feinherbe Note und ist für eine Vorspeise recht stattlich. Deko-Clou sind frittierte Rucola-Blätter. Wahlweise kann man den Kartoffelsalat auch mit Bratwürstchen oder gebratener Flönz bekommen. Oder bestellen Sie mal „Beeftea“. Diese Rinderkraftbrühe sieht durch ihre dunkle Farbe aus wie Tee und wird nach englischer Tradition in einem Tee-Service gereicht: die Suppe in einer kleinen Teekanne und Croutons in einer Zuckerdose.

Die Gaumen-Überraschung schlechthin ist das Beef Tataki von der Tageskarte. Dafür wird ein Rumpsteak von allen Seiten kurz angebraten und liegt dann zwei Tage in einer lauwarmen süß-sauren-scharfen asiatischen Marinade. Küchenchef Georg Schumacher erklärt: „In dieser Zeit verändert das Fleisch seine Textur und bekommt einen gewissen Biss, der vergleichbar ist mit Schinken.“ Angerichtet wird diese Vorspeise für 14,50 Euro mit nussigen Shitake-Pilzen, Junglauch und Rote-Beete-Sprossen. „Auch wenn das Beef Tataki nicht auf der Karte steht, fragen Sie einfach danach. Wir machen es Ihnen“, wirft Matthias Cantow ein, der, wann immer es geht, Sonderwünsche erfüllt. Und er verspricht: „Wenn ein Kunde nächstes Wochenende einen Ochsen haben möchte, servieren wir einen Ochsen.“ Solche Aussagen bestätigen das Credo des Korff-Geschäftsführers, der glaubhaft betont: „Mir ist das Wohlbefinden meiner Gäste sehr wichtig.“

Restaurant Korff -Koch

Immer mit dem Bauch und mit dem Herzen dabei: Küchenchef
Georg Schumacher lässt seine Erfahrungen aus gehobenen

„Wenn ein Kunde nächstes Wochenende einen Ochsen haben möchte, servieren wir einen Ochsen.“

Bei den Wein-Empfehlungen darf man sich getrost auf den Gastgeber verlassen, bekommt aber auch gerne seine Lieblingsmarke, wie den trockenen Gutsriesling von Robert Weil oder den Ursprung von Markus Schneider. Zum Beef Tataki empfiehlt Cantow einen Goldenen Muskateller aus Südtirol. Kurios, aber durchaus gewollt zur süß-sauer-scharfen Vorspeise, ist seine fruchtig, fast schon süße Ausprägung mit Aromen von Honigmelone, Karamell und ein wenig Lavendel. Im Abgang ist dieser bestens gekühlte Muskateller dann sehr frisch. Der Fokus der umfangreichen Weinkarte liegt auf Weißweinen aus Deutschland. Darüber hinaus gibt es ausgewählte Weine aus Italien, Frankreich, Spanien und Übersee. Biertrinker bekommen frisch gezapftes Königshofer und Bitburger.

Auch ungewöhnliche Geschmackserlebnisse Für eine Überraschung bei unseren ausgesuchten Hauptspeisen, die man in der Karte unter der Überschrift „Meddendren“ findet, sorgen die geschmorten Kalbsbäckchen auf Blumenkohlpüree mit Vanillemöhren für 23,90 Euro. Küchenchef Georg Schumacher verrät: „Sie sind anders, als man sie von zuhause kennt. Das Fleisch hat etwas mehr Biss, und auch das Fett bleibt dran. Das Stück gart rund drei Stunden, muss dann allerdings auf den Punkt serviert werden. Dann fällt das Fleisch so auseinander.“ In der Tat: ein Messer brauchen wir nicht, die Kalbsbäckchen sind sehr zart. Allerdings ist das Geschmackserlebnis ungewöhnlich für alle, die es nicht so gerne fettig mögen. Aus den 13 Hauptgerichten wählen wir nun das gegrillte Zanderfilet auf Risotto mit grünem Spargel und Rotweinbutter für 20,90 Euro. Elegant am Boden des tiefen Tellers angerichtet ist die Rotweinbutter, mit der sich nach Belieben die Hauptkomponenten verfeinern lassen. Zum Schluss noch ein herzhafter Bissen ins zarte Wiener Kalbsschnitzel mit lauwarmem Kartoffelsalat und Preiselbeeren. Pardon: es sind zwei riesige Schnitzel, die hier serviert werden. Die kann man sich getrost teilen. Fragen Sie einfach das Servicepersonal. Mit dem Dessert schließt das Menü ab. Aus der „Van Henge“-Auswahl entscheiden wir uns für die hausgemachten Sorbet-Variationen aus Erdbeer, Mango und Himbeere für 7,50 Euro. Sie sind perfekt, auch für zwei. Und vor allem nicht zu süß, nicht zu kalt und von einer cremigen Konsistenz, die Gaumen und Herz strahlen lässt. Beim persönlichen Verabschieden strahlt dann auch der Gastgeber. Matthias Cantow und sein Team vom „alten neuen“ Korff haben überzeugt: durch Freundlichkeit, kompetente Beratung und eine frische geschmacksintensive Küche ohne künstliche Aromen. Wir möchten den Slogan „Zu Gast seit 1792“ gerne umwandeln in „Zu Gast bei Freunden“.