Als sich Alexia Frommherz Anfang der 90er Jahre für das Jurastudium entschied, war das Rechtswesen noch in weit höherem Maße als heute eine Männerdomäne, was die junge Frau aber nicht davon abhielt, sich ins kalte Wasser zu stürzen. „Für meine Eltern war es selbstverständlich, dass Frauen eine gute Ausbildung machen, damit sie später von niemandem abhängig sind“, erinnert sich die Krefelder Anwältin. „Mein großes Vorbild war meine Oma, die als selbstständige Hebamme immer unterwegs war und sich auch nicht dem Druck der Nachkriegszeit beugte, als viele Frauen ihre Arbeitsplätze wieder an Männer abgeben sollten. Für meine Oma war ihre Tätigkeit nie nur ein Zuverdienst. Sie hatte sich bewusst für ihre Vollzeittätigkeit entschieden.“
Trotzdem durfte Alexia Frommherz noch in den 1990er Jahren feststellen, dass Männer und Frauen nicht gleich behandelt wurden. „Als ich nach dem zweiten Staatsexamen anfing, als Juristin zu arbeiten, wurde das oftmals etwas missgünstig mit ‚Jetzt macht die also Karriere‘ kommentiert. Darüber hätte bei einem Mann niemand die Nase gerümpft. Damals war das Bild des männlichen Hauptverdieners mit einer Frau, die sich um die Kinder kümmert, noch sehr viel stärker verbreitet als heute. Was nicht heißt, dass es heute keine Vorurteile mehr gibt.“ Dabei sind es nicht nur die Männer, die an den alten Rollenbildern festhalten. Auch viele Frauen haben anscheinend noch Probleme damit, wenn jemand wie Alexia Frommherz sich für das Berufsleben entscheidet.
„MEINE MANDANTEN GEWINNE ICH NICHT, WEIL ICH EINE FRAU BIN, SONDERN WEIL ICH GUTE ARBEIT FÜR SIE LEISTE.“
Zum Glück hat sich die erfolgreiche Juristin nie zu sehr um die Erfüllung von Geschlechterrollen gekümmert, sondern war immer mehr darauf bedacht, gute Leistungen zu erbringen. „Meine Mandanten gewinne ich nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil ich gute Arbeit für sie leiste“, weiß sie. Dabei ist die große Stärke von Alexia Frommherz ihre verbindliche und unprätentiöse Art. „Zuerst versuche ich, die Sache meiner Mandanten immer erst auf nüchterne und sachliche Weise zu vertreten, was vor Gericht meist der Erfolg versprechendere Weg ist“, erklärt die Fachanwältin für Arbeitsrecht. „Denn Richter mögen es nicht unbedingt, wenn Anwälte nur um des Effektes willen unsachlich werden. Was nicht heißt, dass ich immer nett bin. Wenn es sein muss, gehe ich auch massiv in die Offensive!“
Neben ihrer Tätigkeit als selbständige Anwältin für Arbeitsrecht arbeitet Frommherz als Geschäftsführerin für die Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungsvereine – dem Arbeitgeberverband der TÜVs. Zu dieser – eher frauenuntypischen – Aufgabe kam sie über eine vorherige Tätigkeit für einen der Vereinsvorstände. „Er und seine Kollegen haben entschieden, mir die Aufgabe der Geschäftsführung zu übertragen, weil sie davon über- zeugt waren, dass ich die Aufgabe gut ausfüllen werde, unabhängig davon, ob ich eine Frau oder ein Mann bin“, erzählt die Anwältin.
Alexia Frommherz ist überzeugt, dass es sich positiv auf unser Berufsleben auswirkt, wenn Menschen einen Mix aus sogenannten männlichen und weiblichen Eigenschaften leben. „Es sind zwar meiner Erfahrung nach öfter männliche Anwaltskollegen, die sehr offensiv kommunizieren, so dass man den Eindruck bekommt, sie nehmen alles sehr persönlich. Aber es gibt natürlich auch Frauen mit solchen Verhaltensweisen. Ich habe schon erlebt, dass eine Personalleiterin unnötig unsachlich mit ihren Mitarbeitern umging und dadurch erst einen Prozess vor dem Arbeitsgericht ausgelöst hat“, erinnert sich die Anwältin. „Unser Rechtssystem, aber auch ein guter Teil unserer Arbeitswelt, ist immer noch sehr durch Werte wie Konkurrenz, Stärke und Durchsetzungsvermögen geprägt, so dass es Menschen, die kollegialer und kompromissbereiter sind, oft schwerer haben.“
Aber die Anwältin sieht auch, dass sich zunehmend etwas ändert: „Werden Prozesse vor Richterinnen geführt, war die Atmosphäre schon immer viel ruhiger und sachlicher. Inzwischen kann man den Umgang vor Gericht aber gar nicht mehr als ,typisch männlich‘ oder ,typisch weiblich‘ einordnen“, beobachtet Frommherz und ergänzt: „Ich werde heute auch viel seltener missachtet oder angegriffen, weil ich eine Frau bin. Auf der anderen Seite lernen Frauen von Männern, sich mehr zuzutrauen und auch mal etwas außerhalb ihrer Komfortzone zu riskieren. Wenn das so weiter geht, gibt es bald auch mehr weibliche Führungskräfte – und ich darf vor Gericht vielleicht öfter mit Geschäftsführerinnen diskutieren“, schmunzelt die Juristin.
Ein paar Zahlen
Im Jahr 1970 gab es in Deutschland gerade einmal 1.035 Anwältinnen. Das entsprach einem Anteil von nur etwa 4,5 Prozent. Heute sind über 35 Prozent der Rechtsanwälte Frauen. Bei den Richtern und Staatsanwälten ist der Gleichstand inzwischen fast erreicht. Hier lag der Frauenanteil 2018 bei etwa 44 und 46 Prozent. In der Probezeit für diese Ämter sind die Juristinnen mit 58 und 59 Prozent inzwischen sogar in der deutlichen Mehrheit. Der Trend zu einem weiblicheren Rechtswesen bildet sich auch in den Studienanfängerzahlen ab: Im Wintersemester 2017/18 waren 58 Prozent der angehenden Rechtsexperten an deutschen Hochschulen Frauen.
Rechtsanwältin Alexia Frommherz, Haus Neuenhofen Uerdinger Straße 593, 47800 Krefeld, Telefon: 02151-50 17 57, www.alexia-frommherz.de