Die „East Side Gallery“, das berühmte mit Kunst versehene Mauerstück in Berlin, lockt seit Jahren Menschen aus aller Welt in die Hauptstadt. Kunstinteressierten Krefeldern dürfte auch die „Wood Art Gallery“ ein Begriff sein, eine Freiluft-Galerie am Fuße des Hülser Bergs, die im Sommer 2015 ebenfalls überregionale Aufmerksamkeit erlangte und einen großen Besucherstrom in die Seidenstadt auslöste. In diesem Sommer knüpft nun das Projekt „Rhine Side Gallery“ nicht nur begrifflich an die berühmten Vorbilder an. Von Juli bis September wird ein Stück der Rheinpromenade in Krefeld-Uerdingen zu einem einzigartigen Ausflugsziel für den ganzen Niederrhein.
„Leerstehende Industriegelände sind für uns Künstler sehr reizvoll. Man arbeitet nicht an einer leeren Wand, sondern bezieht die von der Natur und Zeit gekennzeichnete Kulisse mit in die Kunst ein.“
Ein sonniger Tag im Juni: Noch wirkt die Szenerie der leerstehenden Erlenwein-Industriegebäude an der Uerdinger Rheinpromenade trist. Zerworfene Fenster, überwucherte Fassaden und Schmierereien an den Wänden kennzeichnen das Gelände und sorgten in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder für Diskussionen über zukünftige Nutzungsmöglichkeiten der Industriebrache. Doch was manch einem ein Dorn im Auge ist, ist für Frederike Wouters, die künstlerische Leiterin der ab Juli stattfindenden Rhine Side Gallery, eine faszinierende kreative Projektionsfläche. „Leerstehende Industriegelände sind für uns Künstler sehr reizvoll. Man arbeitet nicht an einer leeren Wand, sondern bezieht die von der Natur und Zeit gekennzeichnete Kulisse mit in die Kunst ein“, freut sich die freischaffende Künstlerin aus Kevelaer und ergänzt mit Blick auf den Rhein: „Bei der Straßenmalerei hat man außerdem nur selten einen so schönen Hintergrund wie hier. Oftmals ist man im urbanen Bereich tätig und hat Straßen, Autos und städtische Infrastruktur als Kulisse.“Die außergewöhnliche Szenerie machte es Wouters einfach, zahlreiche Künstler aus ihrem internationalen Netzwerk für die Rhine Side Gallery zu gewinnen.

Frederike Wouters, künstlerische Leiterin der „Rhine Side Gallery“
15 Künstler aus aller Welt, darunter Szenegrößen wie Jenny McCracken aus Australien, Anat Ronen aus den USA, Alex Maksiov aus der Ukraine, Cuboliquido aus Italien und Gregor Wosik aus Deutschland verwandeln das Stück Rheinpromenade ab Juli in ihr gemeinsames offenes Atelier. „Die Künstler haben freie Hand, einzige Frage des Stadtmarketings war es, ob auf einer Fläche die Pläne für die Uerdinger Entwicklung Inspirationsquelle sein könnten. Diese Aufgabe werden alle Künstler gemeinsam angehen“, erklärt Wouters und gerät beim Anblick eines kleinen überwucherten Fensters ins Schwärmen: „Eingebunden wird das gesamte Gelände: Wände, Mauern, Container, der Boden oder kleinste architektonische Details werden zur Leinwand. Besonders toll ist, dass heute noch nicht feststeht, was genau passieren wird. Am ersten Tag des Festivals werden alle Künstler gemeinsam das Gelände begehen und ihre individuellen Arbeitsflächen suchen und finden. Im Laufe der folgenden Tage manifestiert sich die gemeinsame Freiluft-Galerie dann Stück für Stück.“
Mit der Rhine Side Gallery knüpft das Stadtmarketing im Rahmen des Krefelder Perspektivwechsels an den Erfolg der Hülser Wood Art Gallery an, ein Projekt, das von Manfred Wilms initiiert, vom Stadtmarketing organisiert und ebenfalls unter der künstlerischen Leitung von Frederike Wouters realisiert wurde. „Die Wood Art Gallery war ein voller Erfolg für Besucher und Beteiligte. Wir haben deshalb bis auf den Ort nicht viel am Konzept geändert. Darüber freuen sich auch die Künstler, denn sie haben wieder die einmalige Gelegenheit, sich fernab von kommerziellen Zwängen frei zu entfalten und in lockerer Atmosphäre miteinander zu vernetzen“, freut sich Wouters. Damit das Kunst-Event auch für die Besucher ein einmaliges Erlebnis wird, wird die Rhine Side Gallery eingebettet in ein buntes Rahmenprogramm. „Auf dem Grundstück entsteht durch Sand, Liegestühle und ein umfangreiches Gastronomieangebot ein ganz neuer Stadtplatz mit Rheinsicht“, erläutert Uli Cloos, Leiter des Krefelder Stadtmarketings. Ab dem 10. Juli sind die Künstler dann vor Ort.
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, das Stadtmarketing und der Uerdinger Kaufmannsbund stellen die Künstler gemeinsam bei einem kleinen Event öffentlich vor. Am 15. Juli wird es dann ab 14 Uhr Kurzführungen durch die fertige Gallery geben. In den Tagen davor kann gemütlich vom Liegestuhl aus beobachtet werden, wie die Kunstwerke Form annehmen. Flankiert wird die Ausstellung im gesamten Zeitraum zudem von kleineren Musikacts, Partys und einem Uerdinger Gastronomieangebot. „Die Strandatmosphäre, die historische Rheinfront und die Straßenkunst machen Uerdingen zu einem ganz besonderen Ort in den Sommerferien und auch darüber hinaus, denn die Kunstwerke werden bis zum Beginn der Baumaßnahmen bestehen bleiben“, so Cloos. Betrachtet man das üppige Programm, stehen die Chancen sehr gut, dass auch die Rhine Side Gallery überregionale Aufmerksamkeit erlangen wird. In jedem Fall aber wird es ein Krefelder Sommer-Event der besonderen Art.
Rhine Side Gallery: 1. Juli bis 3. September 2017, Am Zollhof 6, 47829 Krefeld-Uerdingen. Weitere Informationen und ein detailliertes Programm unter: www.krefeld.de/rsg und www.facebook.com/rhinesidegallery