Vom Konstrukteur zum Regisseur und vom Planungsbüro zum Filmstudio

Sein Hobby zum Beruf machen, ist das sinnvoll? Die Berufsberater sind sich ziemlich uneinig. Vieles spricht dafür, aber auch einiges dagegen.  Die Vorteile liegen klar auf der Hand, die Nachteile zeigen sich manchmal erst viel später. Man hat Spaß bei der Arbeit, schaut nicht so oft auf die Uhr und die Leidenschaft, mit der man seinem Beruf nachgeht, trägt positiv zum Geschäftserfolg bei. Demgegenüber besteht die Gefahr, dass man den Spaß an seinem Hobby verliert, wenn man sich täglich acht Stunden oder mehr damit beschäftigen muss, dass man Enttäuschungen und Misserfolge erlebt, die einem das vorher so entspannende Hobby vermiesen und dass man sich nur noch auf seine aus dem Hobby erwachsene Tätigkeit konzentriert und sich in seiner Freizeit nicht mehr ablenken kann.

„Ein bewegtes Bild sagt mehr als tausend Worte!“ - Rudolf Dembach

Schnitt, Regie, Ton: Bei Rudolf Demnach laufen immer noch alle Fäden zusammen

Heute haben er und sein Team die Bildgewalt über den Würfel im Krefelder König-Palast.

Einer, der nach vielen Jahren der Selbstständigkeit immer noch positiv zu der Entscheidung, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben, steht, ist der Ur-Uerdinger Filmproduzent und Unternehmer Rudolf Dembach. Sein ambitionierter Werdegang liest sich wie der vieler anderer Selfmademen seiner Generation, die das, was letztendlich ihren Erfolg begründete, nie an einer Hochschule oder in einer Ausbildung gelernt haben. In den Fixpunkten seiner Karriere spiegelt sich die Vielfalt der Möglichkeiten wieder, die der technische Fortschritt der vergangenen 50 Jahre  jedem interessierten und talentierten jungen  Menschen bot. Chancen, die wir uns heute,  in einer auf hochspezialisierte Ausbildung  ausgerichteten Zeit kaum  mehr vorstellen können und die es in ihrer Fülle wahrscheinlich auch nicht mehr gibt. 1967, als der junge Rudolf mit 14 Jahren seinen Schulabschluss machte, war das noch anders. Auf eine Lehre als Kunststoffschlosser bei Bayer folgte die Einsicht, dass das nicht alles gewesen sein konnte und so suchte er nach einer Möglichkeit, sein technisches Interesse mit der in ihm erwachenden Kreativität beruflich zu verbinden. Der 17-Jährige kündigte kurz entschlossen seinen Arbeitsplatz und machte eine zweite Ausbildung zum Technischen Zeichner. Mit einem schon fast trotzigen Lächeln erzählt er dann, dass ihm auch der Abschluss dieser anspruchsvolleren Lehre nicht ausreichte. Er wollte Konstrukteur werden und sah seine Chance in einer dritten, diesmal rein schulischen Ausbildung zum Metallbautechniker  im fernen Nordheim im Harz. Nach dem Abschluss dieser Schule, der die Mittlere Reife mit beinhaltete, fand er umgehend den Einstieg in ein Moerser Planungsbüro, das die damals aufstrebende  Kernkraftwerksbranche national und international mit der Planung von Rohrleitungssystemen versorgte. Die hier gemachten Erfahrungen  und der unbedingte Wille zur Selbstständigkeit führten im Jahre 1984 zur Gründung eines eigenen Planungsbüros in Uerdingen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte er noch nicht, dass die Sony-Kamera und der Betamax-Videorecorder, die er sich 1981 zum Anlass der Geburt seines Sohnes Frank gekauft hatte, einmal den Wendepunkt in seiner Karriere darstellen könnten. Der kam 1986 bei einer Tasse Kaffee, als ihn ein Freund fragte, ob er nicht Lust hätte, einen Film über eine Autoglasschleifmaschine zu drehen. Wie ein Neandertaler sieht der schlanke und dynamisch wirkende 63-jährige Mann nun wirklich nicht aus. Was er aber zu erzählen weiß, muss dem digital verwöhnten Filmemacher von heute wie eine Reise in die Steinzeit vorkommen. Dembach musste quasi das Feuer neu erfinden, denn Bildschnitt und -bearbeitung am Computer zur damaligen Zeit – Fehlanzeige. Was er einmal im klobigen Betamax-Kasten hatte, ließ sich nicht mehr verbessern und somit musste sich der Jungfilmer allein auf seine Fähigkeit zur Beobachtung und sein spontanes Urteilsvermögen verlassen. Und es funktionierte. Der Kunde war hochzufrieden und Dembach hatte für sich die Marktlücke der Produktfilmerei entdeckt. Der Autodidakt musste schnell lernen und Erfahrungen sammeln, denn seine Fähigkeiten sprachen sich herum und die Industrie klopfte von überall her an der Tür seines Studios an. „Mir kam meine technische Ausbildung zugute. Ich konnte auf Augenhöhe mit den Ingenieuren reden und das war wohl auch ein Schlüssel zum Erfolg“, lautet seine knappe und bescheidene Antwort auf die Frage, wie es zu solch einer schnellen Expansion bis hinein in die Hallen und Vorstandsetagen großer Industrieunternehmen  kommen konnte. Es folgten der Umzug aus dem 35 qm großen Studio in 150 Quadratmeter große Räume und kurze Zeit darauf die Anmietung einer Erweiterung auf 250 Quadratmeter großen Gewerbefläche in Rumeln-Kaldenhausen. Ab 1994 beauftragte die pharmazeutische Industrie seine mittlerweile auf vier Mitarbeiter angewachsene Firma zunächst  mit Informationsfilmen über Interviews mit Meinungsbildnern. Es folgten Dokumentationen  über Kongresse zum Beispiel  in Lissabon, Helsinki, Athen und Schottland sowie über Events  jeglicher Art in Istanbul, Genua oder Sevilla. Daneben reiste er mit seinem Team für eine halsbrecherische Woche nach Dnjepropetrowsk, wo es galt, unter Ermangelung vieler in Deutschland üblicher Sicherheitsstandards einen Imagefilm über den Aufbau einen Hochofens zu drehen. Dembach hat die gesamte Entwicklung auf dem Sektor der neuen Medien hautnah erfahren und als sich um das Jahr 1998 das Berufsbild der Mediengestaltung etablierte, in seiner Firma als einer der Ersten einen IHK zertifizierten Ausbildungsplatz für junge Mediengestalter Bild- und Ton eingerichtet.

Nichts geht über Erfahrung und die gibt er gerne weiter. So lautet eines seiner filmischen Glaubensbekenntnisse „Die Qualität fängt bei der Optik an.“

Nichts geht über Erfahrung und die gibt er gerne weiter. So lautet eines seiner filmischen Glaubensbekenntnisse „Die Qualität fängt bei der Optik an.“ Eine gute Kamera ist das Eine, aber noch wichtiger ist ein exzellentes Objektiv.  Mitten in diese Erzählungen hinein dann der mit Nachdruck vorgetragene Hinweis darauf, dass es ihm in all den Jahren gelang, seinen Firmensitz nie weiter als wenige Kilometer entfernt von dem Ort zu haben, an dem sein Großonkel Adolf dereinst Uerdinger Bürgermeister, stellvertretender Bürgermeister von Krefeld  und Landtagsabgeordneter war. Und auch wenn er mittlerweile weltweit tätig ist und einer seiner Mitarbeiter demnächst für eine Produktion nach San Francisco reist, so erfüllt es ihn doch mit Genugtuung, dass immer noch stabile Geschäftsbeziehungen zu Kunden aus seiner Anfangszeit bestehen. Er ist eben stolz auf seine Uerdinger Herkunft und auf  seine Frau Ingrid, mit der seit 1978 verheiratet ist, mit der er zwei Kinder hat und die ihm von Anfang an in seiner Firma in verschiedenen Funktionen zur Seite stand. Über den Sport seines 1981 geborenen Sohnes Frank nahm er sich dann auch der Aufgabe an, für die ihn viele tausend Krefelder schätzen gelernt haben, obwohl er persönlich nie in Erscheinung tritt. In der Saison 1996/97 erhielt er nämlich erstmalig den Auftrag, die Eishockey-Bundesligaspiele des KEV zu filmen und für eine Direktübertragung auf zwei Leinwände unter den Tribünen der alten  Rheinlandhalle zu sorgen. Das ehrgeizige Projekt verlangte ein Höchstmaß an Improvisation und er sieht sich noch heute mit der Kamera in Kniehöhe filmen, weil ansonsten die Dachkonstruktion der Halle gestört hätte und seine Mitarbeiter in einem winzigen Kabuff in Windeseile Filmsequenzen an einem  DraCo Computer schon nonlinear schneiden. Heute haben er und sein Team die Bildgewalt über den Würfel im Krefelder König-Palast. Mehr noch, sie gestalten die Fernsehauftritte des Krefelder Traditionsvereins und drehten vor zwei Jahren eine aufwendige Dokumentation über ein Auswärtsspiel des DEL-Teams. „Nein, das, was wir da jede Woche leisten, geht nicht mal eben so. Für die schnellen Bildfolgen und Filmschnitte braucht man ein Team von bis zu acht erfahrenen Leuten. Das heutige Publikum verlangt eine perfekte Präsentation des Spielverlaufs zuhause und auf den 20 Bildschirmen in der Arena, vor allem aber Slow Motion-Wiederholungen der Tore und der Highlight-Szenen, wenn möglich aus verschiedenen Perspektiven. Vieles ist einfacher geworden, aber die Ansprüche sind gestiegen und so verlangen heutige Auftraggeber bewegte Bilder auf der Basis des aktuellen und größtmöglichen Standards, weshalb bei uns auch technische Hilfsmittel wie zum Beispiel eine Steady-Cam, Schienensysteme und seit einiger Zeit auch Drohnen zum  Einsatz kommen.  Auch wird neuerdings  vermehrt nach der Gestaltung eines kompletten Erscheinungsbilds mit Internet-Auftritt nachgefragt.“ Rudolf Dembach sieht den neuen Herausforderungen gelassen entgegen, denn nichts ist für ihn interessanter, als das Ohr am Puls der Zeit zu haben.