Eine Stunde nachdem das Phantom der Oper die Leinwand verlassen hatte fing es an zu regnen. Und wollte drei Tage lang nicht mehr aufhören. Erleichterung auf Seiten der Niederrheinischen Sinfoniker, hatten sie doch zum ersten Mal einen 20er-Jahre-Stummfilm musikalisch begleitet. Große Erleichterung bei Organisator Uwe Papenroth. Was die Techniker gefühlt haben mögen, die dann noch sechs Stunden lang im strömenden Regen Kinoleinwand und Bühne abgebaut haben, können wir nur erahnen. Aber: Nach dem Kino ist vor dem Kino! Während die Krefelder sich auf ihr nicht mehr wegzudenkendes Sommer-Open-Air-Filmerlebnis freuen, laufen auf der Rennbahn die letzten Vorbereitungen. In diesem Jahr gibt es sogar fast sieben Wochen lang Kino-Spaß im Krefelder Stadtwald – EM sei Dank.

„Nach dem Kino ist vor dem Kino“ - SWK-Open-Air-Kino auf der Krefelder Rennbahn

Uwe Papenroth, Organisator des Freiluft-Kino-Ereignisses

„Eigentlich fange ich direkt nach Beendigung der Open-Air-Kinosaison mit der Planung für das nächste Jahr an“, erzählt Uwe Papenroth und erklimmt dabei die denkmalgeschützte Zuschauertribüne der Galopprennbahn, den Ort des Geschehens. Das abwechslungsreiche Kinoprogramm, das hier ab dem 15. Juli nach Sonnenuntergang das Publikum unterhalten wird, ist das Ergebnis monatelanger Recherche und Vorauswahl. „Ich schreibe mir jeden Film auf, den ich für interessant halte“, so Papenroth, „das mache ich bis Dezember. Dann treffe ich mich mit Kollegen aus Kinos in Kempen, Geldern und Kleve, mit denen ich eng zusammenarbeite; meine Film-Vorführer kommen daher.“ In diesen Meetings besprechen sie gemeinsam, wie die ausgewählten Streifen bisher gelaufen sind. Besucherzahlen werden ausgewertet, Tipps gegeben, Ideen ausgetauscht. Im Februar muss dann ein Strich unter die Wunschliste gezogen werden, denn die Anfragen an die Film-Verleiher nehmen einige Zeit in Anspruch. Allein sie entscheiden darüber, ob der gewünschte Film überhaupt über die riesige Air-Screen-Leinwand von 16 mal neun Metern laufen wird. Große Kinos haben die Möglichkeit, sich das regionale Monopol der Ausstrahlungsrechte zu sichern. „Ganz aktuelle Blockbuster bekomme ich oft nicht. Allerdings leiden die kleineren Veranstalter darunter viel mehr als ich“, gewährt Uwe Papenroth Einblick in die strenge Hierarchie des Kino-Systems. „Das ganze Kino-System ist wahnsinnig vernetzt, alles spielt ineinander.“ Auch deshalb ist er froh, einen Booker an seiner Seite zu haben, der mit den Verleihern kommuniziert und die Abrechnungen erstellt. Erfahrungsgemäß schauen die Besucher am liebsten Komödien. Diese Saison wird zum Beispiel mit „Fack ju Göthe 2“ eröffnet. Schließlich ist ein Open-Air-Kinobesuch auch immer ein Event, das gemeinsam mit Freunden erlebt werden will.

Obwohl alles im Bereich Cineastik so durchorganisiert scheint, gibt es das bequeme Print-at-home-Ticketing-System erst seit zwei Jahren. Klar, dass das SWK-Open-Air-Kino sofort mit eingestiegen ist. So können Kinogänger vor dem Film den Biergarten im Stadtwald oder die Rennbahngastronomie genießen, anstatt vor den Tickethäuschen Schlange zu stehen. „Unsere Besucher kommen aus dem kompletten Umland, auch Gäste aus den Niederlanden hatten wir schon da“, berichtet der 51-jährige Organisator nicht ohne Stolz. „Die wissen den Online-Service besonders zu schätzen. So reist auch niemand mehr umsonst an, nur um an der Abendkasse kein Ticket mehr zu bekommen.“ Der Trend geht eindeutig zum Ticketausdruck Zuhause. Zusätzlich gibt es in der Vorbereitungsphase einiges zu beachten. Jedes Jahr muss eine neue Baugenehmigung eingeholt werden. Zudem liegt das Areal der Krefelder Rennbahn in einem Landschaftsschutzgebiet.  „Inzwischen kennen uns die zuständigen Ämter. Besonders die Stadt ist inzwischen sehr kooperativ“, sagt er mit Blick in die Vergangenheit. Anfangs gestaltete sich das Rennbahnkino als Mammutaufgabe: „Eigentlich hätten wir nach dem ersten Jahr aufhören müssen, denn die Gästezahlen waren nicht besonders.“ Doch Uwe Papenroth war weiterhin überzeugt von der guten Idee. Und zahlreiche Sponsoren sind es noch. Im letzten Jahr, dem fünften, waren dann schon gut 50 Prozent der Vorstellungen restlos ausverkauft. Darunter auch die Kinosinfonie mit den Niederrheinischen Sinfonikern. Dirigent Andreas Fellner wird nach diesem Erfolg gerne wieder mit den 50 Musikern das Rennbahn Open-Air beschließen. Derzeit proben sie die Noten zum „Cabinet des Dr. Caligari“.

„Eigentlich fange ich direkt nach Beendigung der Open-Air-Kinosaison mit der Planung für das nächste Jahr an.“

„Nach dem Kino ist vor dem Kino“ - SWK-Open-Air-Kino auf der Krefelder Rennbahn

Während die Filme auf einzelnen Festplatten von UPS und DHL geliefert werden, kommen die Freischaltungs-Codes zum einmaligen Abspielen separat. Früher hatte man es als Film-Vorführer noch mit Filmrollen zu tun, die zwei Mann kaum aus einem Lieferwagen heben konnten. Heute sind alle ganz froh, angesichts der digitalen Technik. Dafür ist der Beamer ein 200 Kilo schweres Monster, das von vier starken Männern zum Vorführraum hochgetragen werden muss. Er ist auch wirklich nur für den Kinoeinsatz konzipiert und besitzt eine wahnsinnige Lichtleistung – eine Ersatz-Glühbirne kostet bereits 1.800 Euro.  „Wir hatten auch schon technische Ausfälle“, erinnert sich Uwe Papenroth, „einmal funktionierte der Freischalt-Code für den Film nicht. Ein anderes Mal hatten wir einen Wasserschaden.“ Spätestens zum Auftakt der diesjährigen Kinosaison auf der Rennbahn sind dann alle nicht-hollywoodreifen Umstände vergessen: „Dann sitze auch ich auf einer der gepolsterten Bänke, habe die Tribüne im Rücken, den Stadtwald im Blick und einen tollen Film vor der Nase. Um nichts in der Welt würde ich freiwillig einen Abend verpassen!“

SWK-Open-Air-Kino auf der Krefelder Rennbahn, vom 15. Juli bis zum 28. August 2016, weitere Infos unter 0 21 51 – 59 84 53 oder über info@swk-openairkino.de.

Der Vorverkauf im SWK ServiceCenter läuft bereits. Der Online VVK für die 10 € Tickets und die Kinosinfonie läuft über www.swk-openairkino.de.
Die Abendkasse öffnet jeden Abend um 19 Uhr. Hier bekommen Sie auch Karten im Vorverkauf. Sie schließt ca. 15 Minuten vor Filmbeginn. Falls ein Film ausverkauft
ist, können Sie dies auf der Homepage oder der Facebookseite 

www.facebook.com/swkkinoopenair erfahren.

Neu in diesem Jahr: Die kostenlose Greta und Starks-App, für Sehbehinderte oder Gehörlose, Untertitel auf dem Handy oder Audiodeskription für Gehörlose, geeignete Filme sind im Programm gekennzeichnet.