
Inhaber Thomas und Marion Earth
TOM & MARY – ein Laden für besondere Lieblingsstücke
Ein zitronengelber DAF 66, Baujahr 1973, parkt vor dem denkmalgeschützten Haus an der Paul-Schütz-Straße 1. Er fügt sich optisch ein in seine direkte Umgebung: eine rotbraune Klinkerfassade aus den 30er Jahren. Backstein-Expressionismus vom Architekten Arnold Esch. Zufall oder Teil eines außergewöhnlichen Geschäftskonzepts? Eher letzteres. Denn man kann sich kaum ein passenderes Entrée vorstellen für einen Laden, der so viele Lieblingsstücke aus früheren Zeiten und von heute beherbergt. Liebevoll zusammengetragen von Thomas und Marion Erath, den Inhabern von TOM & MARY.
„Wir sind der Laden“, bringt es Mary auf den Punkt. So wie der DAF-Oldtimer ihres Mannes hat jedes Kristallglas, jede Vase, jeder Leuchter und auch die kleine Seifenschale aus feinem Porzellan aus Dresden irgendwann einmal das Herz der ambitionierten Sammler erwärmt. Seit der Eröffnung im März ist so ein Vintage-Store entstanden, den man eher in Amsterdam oder Berlin vermuten würde. Aber nicht unbedingt in Krefeld. Auf 24 Quadratmetern trifft Industriedesign auf Vintage, Moderne auf Avantgarde. In den Regalen, auf einem uraltem Holztisch und in einem Glasboard stehen Kristallgläser aus Paris, Dutzende Blumenvasen aus den 50er bis 70er Jahren und Leuchter. Tom holt einen schweren sakralen Kerzenleuchter hervor und schlägt mit einem Klöppel gegen den Korpus: „Der kommt aus Brügge und ist richtig wertvoll. Bronzeleuchter kann man daran erkennen, dass sie klingen wie Glocken.“ Sagt der Mann, der vor über 20 Jahren seine Leidenschaft für alte Leuchter, aber auch für Accessoires aus den 70ern, entdeckt hat. Damals war Tom noch medizinisch technischer Assistent und wollte Medizin studieren, aber der Numerus Clausus machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Ein Architekturstudium hätte ihn auch gereizt, aber es kam anders. Nur wenige Jahre später sollte Tom nämlich sein privates Faible für Architektur, Accessoires und Möbel beruflich nutzen können. 1983 übernahm er den väterlichen Betrieb. Der hatte seinen Schwerpunkt zunächst in der Büroorganisation: der systematischen Aktenarchivierung und der Schaffung von platzsparenden Regalanlagen.
Später spezialisierte sich die Firma Erath auf Praxiseinrichtungen. Über 200 Praxen von der Möblierung über das Farbkonzept bis zum Lichtdesign wurden bis heute in Zusammenarbeit mit Schreinern, Elektrikern und Kreativen geplant. „Dieses Miteinander macht mir Spaß“, sagt der dreifache Vater, der niemals mit seinem Fachverstand prahlt, sondern in angenehmer Zurückhaltung und mit sichtbarer Freude ganz viel Wissenswertes über die schönen Einzelstücke aus verschiedensten Epochen preisgibt. Besonders die gemeinsame Arbeit mit seiner Frau Marion bei TOM & MARY erfüllt Tom. Beide eint der Sinn für besonders schöne Accessoires, die man nicht im Design-Katalag findet. ER fühlt sich zu den alten Dingen hingezogen, SIE bringt auch schönes Neues ein. Und so mischen sich zwischen dem lindgrünen Eisengartentisch von einem Antikmarkt aus Lille und den alten Holz- und Kunststoffstühlen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts Decken aus Finnland, Tücher aus Tokio und minimalistische NUD-Lampen mit verschieden farbigen Textilkabeln. Alles keine Massenware.
Wer sich bei TOM & MARY zum Beispiel in einen Stuhl verliebt, der bekommt mit Glück vielleicht noch einen zweiten, aber keine acht. Einmalig, so könnte man das Konzept im doppelten Wortsinn auch bezeichnen. Und so ist auch er jetzt weg, der farngrüne Plastik-Tischkalender aus den 70ern, mit dem ich so geliebäugelt hatte, der mit den vier Drehrädchen und den weißen Buchstaben und Zahlen auf schwarzem Grund. Und auch die Bronzeskulptur (vermutlich vom englischen Bildhauer Kenneth Armitage), die ein Sammler aus Frankfurt erwarb. Er war so angetan vom Angebot und Flair des Vintage-Stores, dass er den Laden mit den Worten verließ: „Nächstes Jahr gehe ich in Rente, dann ziehe ich nach Krefeld und kaufe Ihren Laden oder mache Ihnen Konkurrenz.“ Man darf ihm glauben, schließlich lebt seine Tochter in Bockum… Diese Beispiele zeigen: Zwischen Kunde und Produkt entsteht bei TOM & MARY eine Bindung, die beim „Entdeckt werden“ beginnt und über den Kauf hinaus anhält. Mary drückt das so aus: „Unsere Stücke werden von den Kunden geradezu erwählt.“ So hat auch ein Witwer ein Bild „erwählt. “ Immer wieder war er am beleuchteten abendlichen Schaufenster vorbeiflaniert und konnte seinen Blick nicht von dem Kunstwerk lassen. Darin entdeckte er Dinge, Zeichen, die ihn an seine verstorbene Frau erinnerten und kaufte das Bild schließlich. Nur der zitronengelbe DAF, der wird nicht verkauft. Denn der wurde bereits erwählt: von Tom selbst. Mary muss heute noch schmunzeln, wenn sie sich an den Kauf erinnert: „Ich konnte es nicht glauben, als sich mein Mann ein solches Auto zulegte. Meine Oma Margarethe fuhr früher nämlich auch einen DAF, allerdings in Grün.“ Von Vintage wusste „Oma DAF“ natürlich damals nichts, aber heute ist „Klein Tweety“ eine Klammer im Leben des Ehepaares, das sein Hobby zum zweiten Standbein auserwählt hat.
TOM & MARY, Thomas und Marion Erath, Paul-Schütz-Straße 1, 47800 Krefeld Erath Vertriebs GmbH, Öffnungszeiten: freitags 13-18 Uhr, samstags 11-16 Uhr www.tomundmary.com, facebook.com/tomundmary