Michael Heß, Geschäftsführer BEI Haus & Grund Krefeld Niederrhein e.V.
Angesichts der Feierlichkeiten zu 100 Jahre Bauhaus beschleicht einen manchmal der Gedanke, ob man dieses Jubiläum zu Recht feiert bzw. was es am Bauhaus heute überhaupt noch zu feiern gibt. Den damaligen Direktoren Walter Gropius, Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe wäre eine Verkürzung des Bauhaus-Gedankens allein auf die Architektur, wie es allenthalben heutzutage geschieht, sicherlich zuwider. Bauhaus war und ist auch Architektur, aber gewiss erschöpft sich der Gedanke nicht darin. Wenn man den Bauhaus-Gedanken verkürzt auf die Formel bringt, dass eine Zusammenführung von Kunst und Handwerk zwingend stattfinden soll, bedeutet dies mehr als – Zitat des Vorsitzenden der Bundesstiftung Baukultur – „nicht benötigte Neubaugebiete in Würfelhusten-Optik zu errichten“.
In diesem Sinne wünsche ich mir, dass es nach 100 Jahren zu einer Rückbesinnung auf den Grundgedanken des Bauhauses kommt und damit zu einer etwas ganzheitlicheren Betrachtung von Kunst, Design, Handwerk und ja, auch von Architektur. So wie es dieses Magazin immer wieder versucht und auch schafft.
Eckart Preen, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Krefeld mbH
„Das Bauhaus war im Jahr 1919 eine geradezu bahnbrechend innovative Richtung in Architektur und Kunst, die ein Jahr nach dem Ersten Weltkrieg bewusst mit den Konventionen aus der Kaiserzeit gebrochen und dem eine völlig neue Orientierung entgegengesetzt hat, die damals großen Mut erforderte. Krefeld ist mit den speziell von Mies van der Rohe realisierten Gebäuden in unserer Stadt ein Teil dieser mutigen Experimentierfreudigkeit und Innovationskraft geworden. Daran gilt es sich heute zu erinnern und einhundert Jahre danach auch endlich daran anzuknüpfen – gerade in einer Stadt, in der mutige Experimentierfreudigkeit für einige Jahrzehnte durch häufig feststellbares allzu langes Zögern und Zaudern ersetzt wurde und erst seit wenigen Jahren wieder ein Aufschwung spürbar ist. Insofern beantwortet sich die Frage nach der Relevanz des Bauhauses in der Gegenwart gerade hier in Krefeld fast von allein.“
Rainer Lucas, Architekt Dipl.-Ing.
100 Jahre nach Gründung des Bauhauses und Beginn der Industriealisierung um die Jahrhundertwende befinden wir uns heute durch die digitale Revolution in einer ähnlichen Ausgangslage. Die Parallele besteht darin, dass unsere heutigen digitalen Verfahren und Werkzeuge einen ästhetischen Einfluss auf die Produkte und Verfahren immer mehr einnehmen und der Gestalter genaue Kenntnisse in der Bedienung und Beherrschung eben dieser digitalen Welt haben muss. Computergesteuerte Programme alleine sind nicht in der Lage, diese elementaren Fähigkeiten zu vermitteln. Der traditionelle Werkbegriff wird zukünftig durch einen virtuellen Werkbegriff erweitert werden. Daher kommt einer zukünftigen interdisziplinären künstlerischen Bildung eine besondere Bedeutung in unseren Schulen und Hochschulen zu. Die zentrale Idee des Bauhauses – etwa das pädagogische Prinzip einer Verbindung von formal-künstlerischen mit Material-werkmäßigen Komponenten zu verbinden – muss in der Gegenwart stärker formuliert werden.Dem Experiment Bauhaus ist zu danken das nur die fachübergreifende Lehrmethodik zum Ziel führen kann. Lehrinhalte wie einst im Bauhaus vermittelt – müssen aufgegriffen und weiterentwickelt und angewendet werden.
Prof. Nicolas Beucker, public & social design, Studiendekan Fachbereich Design
Das Bauhaus zu feiern ist sicherlich nicht uneingeschränkt berechtigt. Einige ihrer Ziele hatte die Schule damals weit verfehlt. Bauhausformalismus scheint vielen das Einzige zu sein, was bleibt. Das Erbe des Bauhauses zu vergegenwärtigen, ist allerdings vielmehr für unser Denken und Handeln wichtig. Im Jubiläumsjahr werden wir daran erinnert, dass es von besonderer Bedeutung ist, sich mit der Gestaltbarkeit der Welt auseinandersetzen. Es geht um nicht weniger, als um die Ästhetik unserer Lebensform. Wir werden vor die Frage gestellt, was wir von unserer gebauten Umwelt erwarten und wie wir sie beurteilen. Ganz wie vor 100 Jahren das Bauhaus, stehen wir auch heute vor der Herausforderung, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich eine lebenswerte Welt für alle bauen lässt. Dafür braucht es ein demokratisches Grundverständnis und das Engagement von Politik und Zivilgesellschaft, mit gestalterischen Mitteln nach den Möglichkeiten für ein besseres Leben zu suchen.