Das Elternhaus „Villa Sonnenschein“ gibt Eltern krebskranker Kinder ein Zuhause auf Zeit

Es war ein Herbsttag im Jahr 2014, als der damals 19-jährige Jeffrey seine Augen für immer schloss. Der schwerbehinderte Teenager hatte den Kampf gegen die Leukämie, die sein Leben seit einem Jahr bestimmte, verloren. Dieser Tag hatte auch einen dunklen Schatten auf die Seele seiner Mutter Susanne und seines Stiefvaters Marc Oestreich gelegt. Aber beiden gelang es, die Trauer in positive Energie umzuwandeln. Mehr noch: als Leiterin des Elternhauses „Villa Sonnenschein“ bringt Susanne Oestreich seitdem zusammen mit ihren Mitstreitern des Fördervereins krebskranker Kinder e.V. Licht in das Leben betroffener Eltern.

 

Es ist ein trauriges Szenario: Man sitzt tage- oder wochenlang mehr oder weniger mutlos am Bett seines an Krebs erkrankten Kindes, das sich im Klinikum kräftezehrenden Therapien unterziehen muss, die nicht immer eine Heilung versprechen. Nachts döst man auf einem behelfsmäßig herbeigeschafften Gartenstuhl, um den Nachwuchs nicht allein zu lassen, und morgens wacht man gerädert auf. Diese körperliche und geistige Niedergeschlagenheit überträgt sich natürlich auch auf den jungen Krebspatienten. Seit 2015 muss das nicht mehr sein. Seitdem gibt es die „Villa Sonnenschein“, ein Haus, in dem Eltern krebskranker Kinder, die im Helios Klinikum behandelt werden, kostenlos wohnen können.

Villa Sonnenschein

Susanne Oestreich, Leiterin des Elternhaus Villa Sonnenschein

Ein solches „Zuhause auf Zeit“ war ein langgehegter Wunsch des Fördervereins krebskranker Kinder. Als der erste Vorsitzende Jens Schmitz, ebenfalls „verwaister“ Vater, wie er es ausdrückt, die Familie Oestreich im ­September 2015 bei einem Ausflug zum Reichswaldhof in Goch näher ­kennengelernt hatte und kurz darauf deren Sohn Jeffrey plötzlich verstarb, fragte er die trauernde Mutter, ob sie nicht Interesse habe, gemeinsam mit dem Förderverein das Projekt aufzuziehen. Susanne Oestreich erkannte darin eine neue Lebensperspektive und sagte spontan zu. Auch ihr Ehemann Marc trat dem Förderverein bei und wurde 2. Vorsitzender. Dann die zweite glückliche Fügung: Durch eine damalige OP-Schwester erfuhr man, dass direkt neben dem Helios-Klinikum ein Mehrfamilienhaus zum Verkauf stand. Das wurde aus eigenen Mitteln erworben, und nach und nach entstanden sieben modern eingerichtete Familienzimmer mit Boxspringbetten, Fernseher und Schreibecke. Aktuell sind sechs Zimmer belegt. Und wenn kurzfristig beispielsweise eine Mutter mit einem Frühchen in der Nähe ihres Schützlings sein möchte, wäre für sie Platz im siebten Zimmer.

Schon beim ersten Eintreten strahlt die Villa Sonnenschein das aus, was man „einen guten Geist“ nennt: Helle Parkettböden, weiße Wände und Türen, zwei modern eingerichtete großzügige Wohn-/Essräume, zwei vollausgestattete Wohnküchen und vier sehr schöne Gemeinschaftsbäder. Dazu kommen Waschmaschinen, Trockner und ein Bügelbrett im Souterrain. Zum Aufenthalt im Freien laden ein großer Balkon mit Liegesesseln und der Garten mit einem Stelzenhaus, Spielgeräten und einem riesigen Holzdeck für Grillpartys ein. A propos, Spielgeräte: Die sind im Haus ausreichend vorhanden; darunter sind Gesellschaftsspiele, Puppen und Bücher. Besonders beliebt ist natürlich die Wii-Konsole.

„Das schönste Erlebnis ist natürlich, wenn die Behandlung eines Kindes erfolgreich abgeschlossen ist und es geheilt aus der Klinik entlassen werden kann.“

Jens Schmitz, erster Vorsitzender des Fördervereins
krebskranker Kinder

„Quality-Time“ für betroffene Familien

Jede Familie hat übrigens einen eigenen Kühlschrank, in dem sie ihre Einkäufe frischhält. „Jeder kauft für sich ein und kocht, was er mag. Und irgendwie passt es auch immer, dass es sich in den beiden Gemeinschaftsküchen nicht knubbelt. „Einmal hat ein Vater morgens für seinen Sohn Pfannkuchen gebacken, die er ihm dann ins Krankenhaus gebracht hat“, erzählt Hausleiterin Susanne Oestreich, und ihre Augen glänzen. Genau das sind Momente, die für Abwechslung und gute Laune in der so schweren Phase sorgen. Und wenn am Wochenende oder zwischendurch mal ein Kind für ein paar Stunden die Klinik verlassen darf, ist das echte Quality-Time für alle Familienmitglieder. Jens Schmitz erzählt in dem Zusammenhang von einem türkischen Jungen, der nicht mehr lange zu leben hatte, aber einmal Schnee sehen wollte: „Für ihn haben wir aus der Neusser Skihalle kurzerhand eine Lkw-Ladung Schnee in den Garten kippen lassen.“

Die angenehme Atmosphäre in der Villa Sonnenschein und das zupackende, liebevolle Wesen der Hausleiterin überträgt sich auf die Bewohner. Susanne Oestreich beschreibt das so: „Hier herrschen ein freundschaftliches Miteinander und ein reger Austausch. Immer mal wieder ergibt es sich, dass ich zusammen mit den Eltern eine Tasse Kaffee trinke und dabei ins Gespräch komme. Grundsätzlich bin ich 24 Stunden am Tag erreichbar. Die psychologische Betreuung unserer Gäste übernimmt allerdings der Psychosoziale Dienst des Helios-Klinikikums. Und in medizinischen Belangen dürfen wir immer unsere Ehrenvorsitzende Sigrid Völpel fragen. Sie hat vor ihrer Pension die Kinderkrebsstation am Klinikum geleitet, und wir sind sehr dankbar für ihr ehrenamtliches Engagement.“

Eine weitere Ehrenamtlerin unterstützt die beiden Teilzeitkräfte der Geschäftsstelle des Vereins, die im Souterrain der Villa Sonnenschein liegt und auch einen Konferenzraum hat. Ein weiterer Raum ist an die Elternschule des Helios-Klinikums vermietet. „Dort finden Schwangerschaftsgymnastik und Babyturnen statt; dadurch ist hier auch immer Leben im Haus“, erzählt Susanne Oestreich. Zum Equipment des Vereins krebskranker Kinder gehören auch drei Fahrzeuge, die an Eltern verliehen werden können, wenn sie gebraucht werden, zum Beispiel für Fahrten zu einer auswärtigen Behandlung ihres Kindes.

„Das schönste Erlebnis ist natürlich, wenn die Behandlung eines Kindes erfolgreich abgeschlossen ist und es geheilt aus der Klinik entlassen werden kann“, resümiert Susanne Oestreich und freut sich gleichzeitig darüber, dass viele ehemalige Bewohner dem Haus Sonnenschein auch nach ihrem Aufenthalt freundschaftlich verbunden sind, oftmals als Mitglieder des Vereins, der immer wieder auch praktische Unterstützung benötigt. Auf der „To-do“-Liste stehen aktuell die Reparatur des Garagendaches und des Stelzenhauses, das durch Vandalismus teilweise zerstört wurde, die Fällung eines Baumes und die Anschaffung neuer Terrassenmöbel.

 

 

Villa Sonnenschein
Lutherplatz 33, 47798 Krefeld
Telefon: 01515-3312388 (mo-fr: 9-17 Uhr)
info@villa-sonnenschein-krefeld.de
www.villa-sonnenschein-krefeld.de

Spendenkonto
Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld e. V.
Sparkasse Krefeld, IBAN DE37 3205 0000 0000 0088 88
BIC: SPKRDE33XXX, Stichwort: Villa Sonnenschein