Der Ausspruch ist bei vielen Krefeldern längst zum Kult geworden: „Ich geh heute Abend zum Gabor“, sagen sie, und obwohl es in Krefeld keine Lokalität mit diesem Namen gibt, ist sofort klar, wer gemeint ist. Gabor Pasthy, 46 Jahre alt, hat sich in der hiesigen Gastronomieszene einen Namen gemacht. Im Dezember ist es fünf Jahre her, dass er auf dem Platz An der Alten Kirche das „Wirtshaus“ komplett renoviert und zu einem Treffpunkt mit urigem Flair für Jung und Alt aufgebaut hat. Mittlerweile hat sich der Platz zwar zur prosperierenden Gastromeile mit vielen verschiedenen Bars, Kneipen und Restaurants entwickelt. Als Pasthy sich dort ansiedelte, war die Entwicklung zumindest in dieser extremen Form noch nicht absehbar. Aber wer, wenn nicht dieser Mann, der die Kneipen-DNA wie kaum ein zweiter Wirt verinnerlicht hat, hätte besser zur Entwicklung dieses Platzes beitragen können?

„Wir gehen zu Gabor“

Kultgastwirt Gabor Pasthy

Wir wollen wissen, was den Gabor Pasthy ausmacht, dessen Name den seiner bereits prominenten Lokalität noch immer um Längen überstrahlt. Der 46-Jährige empfängt uns in seinem Wirtshaus. Er ist ein bisschen im Stress, baut noch schnell die letzten Tische und Stühle im Außenbereich auf, weil eine halbe Stunde später die ersten Gäste eintrudeln werden. Für einen festen Händedruck und eine herzliche Begrüßung lässt er dann aber augenblicklich alles stehen. „Das mache ich auch bei meinen Gästen immer so. Ich hole sie meist persönlich an der Tür ab und kann viele dann auch direkt mit Namen begrüßen“, erzählt Pasthy. Nachdem er den letzten Stuhl an seinen angestammten Platz gestellt hat, geht er herüber zum Fernseher, wo im Videotext gerade die aktuellen Zwischenstände der Fußball-­Bundesligaspiele aufblinken. Der Wirt gibt einen dreistelligen Zahlencode in die Fernbedienung ein, und auf dem Fernseher erscheint eine Tafel aus der Regionalliga West. Die Liga, in der der KFC Uerdingen spielt und an diesem Tag gewonnen hat. Es ist Viertligafußball. Aber Gabor Pasthy stört das nicht. „Ich bin einer der glühendsten KFC-Fans. Viele Spieler aus den glorreichen Erstligazeiten waren hier Stammgäste, einige kommen noch immer her“, berichtet er. Überhaupt kann das Wirtshaus auf einen beachtlichen Stamm von Gästen stolz sein, die regelmäßig herkommen. ­Der Älteste ist 83, die Jüngsten haben gerade das Teenager-Alter überwunden.

Als Wirt war Gabor Pasthy schließlich immer präsent im Stadtgeschehen und ist über die Jahre zu einer gleichermaßen bekannten wie beliebten Persönlichkeit gereift. Von 1994 an stand er zehn Jahre lang bei Doctor Flotte hinter dem Tresen. Dort hörte er nur auf, weil seinerzeit in der Umgebung andere Lokale dichtmachten und das Viertel vorübergehend lähmten. Es folgten weitere Stationen wie das ehemalige Krähenfeld, das mittlerweile Zoozie’z heißt sowie ein Abstecher in das niederrheinischen Amern – bis die Idee mit dem Wirtshaus aufkam.

Dabei war für den gebürtigen Krefelder zunächst gar nicht absehbar, dass er einmal in der Gastronomie landen würde. Nach seiner Zeit als Schüler des Gymnasiums am Moltkeplatz entschied sich der Halb-Ungar zunächst für eine Lehre als Installateur. „Ich war ständig auf Achse, bin viel im Osten unterwegs gewesen. Irgendwann hat das mein Rücken einfach nicht mehr mitgemacht. Dann kam über einen Bekannten das Angebot, die Flotte zu übernehmen“, blickt Pasthy zurück. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, der geglückt ist. Bei den Gästen kam seine Art offenbar direkt gut an. Viele von ihnen sagen, dass sie „zum Gabor“ gehen, weil er authentisch ist, nicht vorgibt, etwas zu sein, was er nicht ist. „Für den Job muss man gemacht sein, den kann man nicht lernen. Natürlichkeit ist für mich im Umgang mit den Leuten das Wichtigste. Alles andere würden die auch sofort merken“, weiß Pasthy. Der Bauchmensch kennt seine Stärken, weiß aber auch, wo es sinnvoll ist, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. Deshalb ist seine Schwägerin Karen Pasthy, die Mitinhaberin des Wirtshauses ist, für alle wirtschaftlichen Fragen zuständig.

„Ich bin einer der glühendsten KFC-Fans. Viele Spieler aus den glorreichen Erstligazeiten waren hier Stammgäste, einige kommen noch immer her.“

Sie hält Gabor Pasthy den Rücken frei für das, was er am besten kann: Den Gästen das Gefühl zu geben, sie wären zu Hause im Wohnzimmer; ein Gefühl intimer Vertrautheit zu schaffen, die nur durchbrochen wird von den Pointen der vielen Sprüche, die der Wirt so auf Lager hat. Zwischen den frisch gezapften und angenehm kühl ausgeschenkten Pils-, Alt- und Kölsch-Bieren dürfte schon das eine oder andere brisante und klatschträchtige Geheimnis ausgeplaudert worden sein. Schließlich verkehren im Wirtshaus auch einige aktive und ehemalige Granden der Lokalpolitik und es lassen sich hier immer wieder bekannte Persönlichkeiten aus Stadtgeschehen und Sport blicken. Kapital aus dem zu schlagen, was er da so hört, käme Gabor Pasthy allerdings nicht in den Sinn. „Ich weiß um das Vertrauen meiner Gäste. Das würde ich niemals ausnutzen. Und selbst etwa in die Politik einzusteigen, ist für mich auch keine Option. Als Schuster sollte man bei seinen Leisten bleiben“, findet Pasthy. Und der Wirt sollte am Zapfhahn bleiben, denn dafür schmeckt das Bier bei dem Mann, den alle nur Gabor nennen, einfach zu gut.